Hartz IV: Falsche Berechnungsgrundlage für Wohnkosten

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Jobcenter müssen für Hartz IV Beziehende die “angemessenen” Unterkunftskosten zahlen. In vielen Städten und Gemeinden sind die Wohnkosten allerdings viel zu niedrig angesetzt. Der Grund: Oftmals sind die Berechnungsgrundlagen falsch.

Angemessenheit der Unterkunftskosten oft zu ungenau

Immer wieder streiten sich Hartz IV Leistungsbezieher mit den Jobcenter um die Unterkunftskosten. Oftmals bedienen sich die Leistungsträger falscher Methodiken, um die Angemessenheit der Unterkunftskosten zu bestimmen.

Die Folge: Die Betroffenen müssen die Mietkosten aus den Regelleistungen selbst aufstocken oder umziehen. Da die Methodiken aber falsch sind, sind Umzüge in günstigere Wohnungen faktisch unmöglich.

Das Landessozialgericht in Erfurt kassierte aktuell die festgelegten Unterkunftskosten der Stadt Jena (AZ: L 7 AS 623/17). In den Jahren 2014 und 2015 habe das Jobcenter Jena bei den Leistungsberechtigten statt der von diesen geschuldeten tatsächlichen Kaltmieten lediglich die aus Sicht des Jobcenters für einen Ein-Personenhaushalt in der Stadt angemessenen Kosten übernommen.

Jobcenter bediente sich eines Methodenberichts einer privaten Firma

Das Jobcenter bediente sich dabei eines Methodenberichts der Firma F + B. GmbH zur Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gemäß SGB II und SGB XII auf Basis des Jenaer Mietspiegels 2013. Die Behörde zahlte nach dieser Berechnung nach eine Bruttokaltmiete für eine Person von maximal 295,00 Euro im Monat.

Bereits vor dem Sozialgericht Altenburg hatte die Klage eines Betroffenen teilweise und vor dem Landessozialgericht Thüringen im vollem Umfang Erfolg.

Im Ergebnis zahlte das Jobcenter 68,00 Euro im Monat zu wenig. Diese Unterdeckung muss das Jobcenter nun nachzahlen.

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Konzept entsprach nicht den gesetzlichen Vorgaben

Das Landessozialgericht urteilte, dass das herangezogene Konzept nicht den gesetzlichen Vorgaben unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entsprach.

Das Gericht beanstandete, dass die Erstellung des Konzepts nicht repräsentativ sei. Das Konzept habe kein Abbild des Wohnungsmarktes in Jena geliedert. Denn nach den erhobenen Daten sind die sogenannten Großvermieter überrepräsentiert gewesen. Denn über 98 Prozent der Daten stammten von Großvermietern.

“Da der Wohnungsmarkt in Jena im maßgeblichen Zeitraum nicht deutlich überwiegend oder nahezu ausschließlich durch Großvermieter geprägt wurde, war es zur repräsentativen Abbildung des Wohnungsmarktes erforderlich, auch ausreichend Daten von kleineren Vermietern in die Erhebung einzubeziehen”, so das Gericht.

Eben das war allerdings nicht in den Daten mit eingespeist. Da anderweitige repräsentative Daten, auf deren Grundlage eine Angemessenheitsgrenze festgesetzt werden könnte, nicht vorlagen und mit vertretbarem Aufwand auch nicht mehr beschafft werden konnten, hat das Gericht das Jobcenter zur Übernahme von höheren Unterkunftskosten des Klägers verurteilt.

Kläger bekommt eine Nachzahlung

Da das Jobcenter Nachberechnungen nicht liefern konnte, griff das Gericht auf die Tabellenwerte des Wohngeldgesetzes zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 Prozent zurück. So berechnete das Landessozialgericht eine maximale Bruttokaltmiete für einen Ein-Personenhaushalt von 363 Euro statt der gezahlten 295 Euro. Demnach muss das Jobcenter für den beanstandeten Zeitraum 68 Euro monatlich zurückzahlen.

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