Hartz IV: Corona-Sonderregelung gilt auch bei Weiterbewilligungen

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Aufgrund der finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie sind nach § 67 SGB II für einen Zeitraum von sechs Monaten Angemessenheitsprüfungen auszusetzen. Das gilt nicht nur bei Neubewilligungen, sondern auch bei Weiterbewilligungen, hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg beschlossen.

Hartz IV: Bewilligung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft wegen Corona

Nach § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II sind Angemessenheitsprüfungen für die Kosten der Unterkunft übergangsweise für jeweils sechs Monate ausgesetzt. Die tatsächlichen Kosten werden also vorläufig ohne Prüfung bewilligt.

Eine solche Regelung sieht auch außerhalb der Corona-Sonderregelung § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in Fällen vor, in denen es den Betroffenen nicht zumutbar ist, zeitnah eine „angemessene“ Wohnung zu beziehen, und somit eine Wohnungslosigkeit droht.

Nach § 67 Abs. 3 Satz 3 sind Fälle ausgeschlossen, „ in denen im vorangegangenen Bewilligungszeitraum die angemessenen und nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarf anerkannt wurden.“

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Vorläufige Bewilligung ohne Prüfung auch bei Weiterbewilligungen

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat im Falle einer Familie entschieden, dass die vorübergehende Bewilligung ohne Prüfung auch bei einer Weiterbewilligung gelten muss (Az.: L 9 AS 233/21 ER-B). Die Familie hatte zwischenzeitig bei einem Verwandten gewohnt, wofür das Jobcenter die angemessene Miete übernommen hatte, und war dann in eine andere Wohnung umgezogen. Das Landratamt hatte deshalb darauf hingeweisen, dass den Betroffenen der Angemessenheitsrahmen vor dem Umzug bekannt gewesen sei und diese dennoch in eine „zu teure“ Wohnung umgezogen seien. Doch das spiele vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks keine Rolle, so das Gericht.

Das Gericht wies vielmehr darauf hin, dass eine Berücksichtigung von Umzugsgründen der Betroffenen eine Kontrollandrohung vornehmen würde, die explizit ausgeschlossen ist. Es gebe kein Umzugsverbot, außerdem habe der Antragsgegner auch für die vorherige Wohnung die tatsächlichen Kosten übernommen. Die Ausnahmeregelung des § 67 Abs. 3 SGB II gelte weiterhin für den gesamten § 22 Abs. 1 SGB II, der die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten für sechs Monate garantiert. Der Gesetzgeber habe bewusst darauf verzichtet, eine Regelung gegen etwaige „Betrugsfälle“ in der Verordnung zu ergänzen.

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