Hartz IV-Betroffene müssen eigene Pläne bei Bewerbungsgespräch verschweigen

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Betroffene von Hartz IV sind verpflichtet, schnellstmöglich eine neue Arbeitstelle anzunehmen, selbst wenn sie sich beispielsweise selbstständig machen wollen. Den möglichen Arbeitgeber darüber in Kenntnis zu setzen, ist laut Gericht sozialversicherungswidriges Verhalten.

Hartz IV: Eingliederung um jeden Preis

Mit dem Hartz IV-System ist der Niedriglohnsektor mit Minijobs und Leiharbeit massiv gewachsen. Studien zeigen, dass die unzureichende Absicherung durch SGB II und die sanktionsbewährte Arbeitsvermittlung auf unpassende und unqualifizierte Stellen nicht zur nachhaltigen Bekämpfung von Arbeitslosigkeit führt.

Dennoch sind Betroffene verpflichtet, angebotene Stellen um jeden Preis anzunehmen, um aus der Statistik zu verschwinden. Einem möglichen Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch mitzuteilen, dass man beispielsweise einen passenderen Job sucht, welcher der eigenen Qualifikation entspricht oder sich bald selbstständig machen möchte, ist demnach ein verstoß gegen die Eingliedersverflichtung und sozialwidriges Verhalten, das sanktioniert wird.

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Hartz IV-Bezieher soll künftigen Arbeitgeber anlügen

Das Sozialgericht Gießen hat daher geurteilt, dass ein Betroffener, der in einem durch das Jobcenter vermittelten Bewerbungsgespräch den künftigen Arbeitgeber darauf hingewiesen hatte, dass er sich in drei Monaten selbstständig machen wolle, die Einstellung aktiv verhindert habe und daher mit Sperrzeit bestraft werde (Az.: S 14 AL 81/21). Der Betroffene mit Meisterqualifikation hatte seine Pläne zuvor sogar mit dem Jobcenter erörtert. Daher habe er dem möglichen Arbeitgeber nicht vorspielen wollen, eine langfristige Anstellung zu suchen.

„Der Arbeitslose ist im Bewerbungsstadium gehalten, alle Bestrebungen zu unterlassen, die dieser Intention nach außen hin erkennbar entgegenlaufen und den Arbeitgeber veranlassen könnten, ihn schon vor einer persönlichen Vorstellung aus dem Bewerberkreis auszuschließen“, heißt es im Urteil. Das Gesetz fordert also, dass Betroffene von Hartz IV potentielle Arbeitgeber anlügen oder zumindest die Wahrheit verschweigen.

Die Angabe, voraussichtlich nur eine zeitlich begrenzten Arbeitsaufnahme anszustreben, sei sozialversicherungswidrig. Schließlich sei die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in der Probezeit der Anstellung ein immanentes Risiko, das auch der Arbeitgeber zu tragen habe. Eine Ablehnung der Anstllung könne nur bei Vorliegen wichtiger Gründe erfolgen, z.B. wenn bereits konkrete Schritte zur Selbstständigkeit eingeleitet wurden.

Bild: kontrastwerkstatt / AdobeStock

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