Will eine erkrankte Arbeitnehmerin ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an ihren Arbeitgeber mit der Post verschicken, steht sie auf dem Weg zum Briefkasten unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Da sie damit ihrer im Entgeltfortzahlungsgesetz enthaltenen Pflicht zur Information des Arbeitgebers nachkommt, handelt es sich bei dem Weg zum Briefkasten um einen versicherten Betriebsweg, urteilte am Donnerstag, 30. März 2023, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 2 U 1/21 R).
Nach den gesetzlichen Bestimmungen müssen erkrankte Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit unverzüglich mitteilen. Dauert sie länger als drei Kalendertage, muss eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt werden. Arbeitgeber können diese auch vorher schon verlangen.
Digitale Krankschreibung
Seit Anfang 2023 hat sich das Verfahren geändert. Nun soll der Arzt die AU-Bescheinigung an die gesetzliche Krankenkasse digital übermitteln. Dort kann der Arbeitgeber diese abrufen.
Auf Wunsch kann der Arzt aber auch eine AU-Bescheinigung für den Arbeitgeber ausdrucken. Bei privat Versicherten muss derzeit die ärztliche Bescheinigung nur in Papierform an den Arbeitgeber versandt werden. Gleiches gilt auch für Arbeitslose, die die Arbeitsagentur über ihre Arbeitsunfähigkeit informieren müssen.
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Im entschiedenen Rechtsstreit ging es um eine bei der IKK Brandenburg und Berlin angestellte und dort auch krankenversicherte Frau. Sie war längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Als sie am 16. November 2013 ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit der Post zu ihrem Arbeitgeber schicken wollte, stürzte sie auf dem Weg zum Post-Briefkasten. Sie erlitt unter anderem eine Handgelenksverletzung.
Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft erkannte den Sturz bestandskräftig nicht als Arbeitsunfall an.
Die IKK war anderer Ansicht. Sie verlangte von der Unfallversicherung die Erstattung der aufgewendeten Behandlungskosten, insgesamt 10.263 Euro.
Unfallschutz für Weg zum Briefkasten
Das BSG gab der Krankenkasse recht. Die Ablehnung als Arbeitsunfall sei „offensichtlich fehlerhaft“ gewesen. Die Versicherte sei ihrer gesetzlichen Pflicht nachgekommen, die AU-Bescheinigung an ihren Arbeitgeber zu übermitteln. Dieser habe auch ein Interesse an dieser Information, da er mit Kenntnis der voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeit besser seinen Personaleinsatz planen könne.
Es habe sich mit dem Gang zum Post-Briefkasten daher um einen versicherten Betriebsweg und „zweifelsfrei“ um einen Arbeitsunfall gehandelt. fle/mwo
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