Bürgergeld: Sozialgericht urteilte gegen höhere Hartz IV-Regelsätze

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Das Sozialgericht Freiburg wies Kläger/innen einer Bürgergeld-Bedarfsgmeinschaft ab, ihnen für den Zeitraum 2022 nachträglich höhere Hartz IV Leistungen in gesetzlicher bzw. in verfassungsgemäßer Höhe zu gewähren (Az: S 7 AS 1845/22).

Die Begründung lautete, dass die Höhe der damals gezahlten Regelbedarfe Stufe 2 zusammen mit weiteren gezahlten Entlastungen im Jahr 2022 den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprochen hätte.

Dies gelte trotz einer erheblichen Teuerung der Verbraucherpreise 2022, da diese durch Sonderleistungen kompensiert worden sei, so das Gericht. Damit vertritt das Sozialgericht Freiburg eine andere Rechtsauffassung, als das Sozialgericht Karlsruhe.

Wie war die Grundsituation?

Kläger und Klägerin sind ein Ehepaar und wohnten im umstrittenen Zeitraum in einer Mietwohnung zusammen für 600,00 Euro plus Vorauszahlungen von 130,00 Euro für Heiz- und Wohnnebenkosten und außerdem 50,00 Euro für einen PKW-Stellplatz.

Beide bezogen ab Mai 2018 Arbeitslosengeld II (heute Bürgergeld). Am 1.1.2019 zog die Mutter der Ehemanns mit in die Wohnung. Das zuständige Jobcenter erkannte ab diesem Zeitpunkt den Eheleuten jeweils ein Drittel der Kosten der Unterkunft als Bedarf an, das restliche Drittel wurde der Mutter zugeschrieben, die kein Teil der Bedarfsgemeinschaft war.

Angewandt wurde das Kopfteilprinzip. Da der Stellplatz sich nicht kündigen ließ und die Gesamtkosten als angemessen galten, zahlte das Jobcenter auch den Stellplatz nach dem Kopfprinzip – je 16,66 Euro für Ehefrau und Ehemann.

Am 6.4.2022 wurden den Eheleuten erneut Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) gewährt – vom 1.5.2022 bis zum 30.4.2023.: Regelsatz Stufe 2 pro Person:404,00 Euro; Grundmiete/Kaltmiete pro Person: 216,67 Euro sowie Wohnnebenkosten pro Person, einschließlich Stellplatz:43,44 Euro.

Eine Erwerbsminderungsrente der Ehefrau von monatlich 977,34 Euro (ab Juli 2022 von 1.029,65 Euro) wurde als Einkommen angerechnet. Der Leistungsanspruch betrug letztlich 190,33 Euro pro Person und Monat im Mai / Juni 2022 und von 164,17 Euro pro Person im Juli 2022.

Widerspruch gegen Kopfteilprinzip

Die Eheleute legten Widerspruch gegen den Bescheid ein, zum einen gegen das Kopfteilprinzip beim PKW-Stellplatz, zum anderen gegen die Höhe des Regelbedarfs. Der Stellplatz werde nicht von allen Beteiligten im Haushalt gleich viel oder gemeinsam genutzt.

Der Regelsatz decke nicht das durch die Verfassung gewährleistete Existenzminimum ab. Die Höhe des Regelbedarfs reiche nicht aus für die Preisentwicklung der Lebenshaltungs- wie Energiekosten.

Das Jobcenter wies den Widerspruch zurück: Die Berechnung der Unterkunft inklusive eines Stellplatzes verlaufe grundsätzlich nach dem Kopfteilprinzip. Es gäbe keine Grund, in diesem Einzelfall eine Ausnahme zu machen. Der gesetzte Regelbedarf entspreche den gesetzlichen Bestimmungen.

Das Sozialgericht urteilt: “Existenzminimum blieb gewahrt”

Letztlich stimmte das Sozialgericht Freiburg dem Jobcenter zu. So habe das Landessozialgericht Baden-Würtemberg in einem Fall zwar festgestellt, dass es tatsächlich eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Preisentwicklung und Regelbedarfsstufen gebe, im Ergebnis lägen aber keine verfassungsrelevanten Bedenken vor.

Das Sozialgericht Freiburg schloss sich dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Würtemberg an, dass der Gesetzgeber die wachsende Lücke zwischen Regelsatz und Inflation hinreichend kompensiert habe.

„Sonderzahlungen überstiegen Inflation“

So müsste bei Preissteigerungen nicht zwingend der monatliche Regelsatz deutlich erhöht oder anders berechnet werden. Auch Einmalzahlungen oder sonstige finanzielle Leistungen und Entlastungen seien möglich, und Kläger wie Klägerin hätten Sonderleistungen nach dem SGB II erhalten. In der Gesamtschau sei das Existenzminimum der Betroffenen nicht verfassungswidrig unterschritten worden.

So hätten diese im Juli 2022 Anspruch auf eine Einmalzahlung von 200,00 Euro gehabt, um Mehraufwendungen durch COVID-19 zu kompensieren sowie weitere Teuerungen durch gestiegene Energiepreise seit Februar 2022. Ob Kläger und Klägerin diesen Anspruch eingelöst hätten, sei dem Gericht nicht bekannt. Dem stünde rechtlich nichts entgegen.

Außerdem hätten die Eheleute nach dem Gesetz zur Zahlung einer Energiepauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende im Dezember 2022 jeweils 300,00 erhalten.

Kläger und Klägerin hätten im Schnitt pro Monat 41,66 Euro mehr als im damaligen Hartz IV Regelsatz bewilligt sind, zur Verfügung gehabt. Diese Erhähung um 10,3 Prozent liege über der Jahresinflationsrate von 7,9 Prozent.

“Weder die einfache gesetzliche Rechtslage noch das Verfassungsrecht rechtfertige, Kläger und Klägerin höheres ALG II für den entsprechenden Zeitraum zu zahlen, als ihnen bewilligt worden war”, so das Gericht. Die Bescheide des Jobcenters seien rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klage wurde deshalb abgewiesen.