Bürgergeld und Steuerklassen: Darf das Jobcenter zum Wechsel auffordern?

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Bei den Steuerklassen sehen viele nicht durch. Insgesamt acht Steuerklassen gibt es in Deutschland. Doch welche ist die Richtige? Vor allem wenn nur ein Ehepartner über ein reguläres Einkommen verfügt und der andere Teil Bürgergeld Leistungen bezieht, liegt die Entscheidung der Steuerklassenwahl auch beim Jobcenter.

Steuerklassen beim Bürgergeld

Die Wahl der Steuerklasse für Ehepaare, die Bürgergeld-Leistungen nach dem SGB II beziehen, orientiert sich an der zum Beginn geltenden Klasse. Alleinstehende erhalten in der Regel die Steuerklasse 1, während alleinerziehende Eltern die Steuerklasse 2 zugewiesen bekommen.

Steuerklassen für Ehepaare

Bei einer Heirat wird automatisch die Steuerklassenkombination 4/4 vergeben. Paare haben jedoch die Möglichkeit, in eine oder zwei andere Steuerklassenkombinationen zu wechseln. Viele bleiben in der Kombination 4/4, da hier die Steuerabzüge für beide Partner vergleichbar sind.

Steuerklassen für Bezieher von Bürgergeld

Bezieher von Bürgergeld ohne Nebeneinkünfte zahlen keine Steuern. Deshalb hat die Steuerklasse für alleinstehende Bürgergeld Bezieher keine direkte Auswirkung auf die Höhe der Leistungen. Gleiches gilt für Ehen, in denen beide Partner Bürgergeld beziehen.

Steuerklassenkombinationen für Ehepaare

Eine häufig gewählte Kombination ist die Steuerklasse 3 für den Besserverdiener und die Klasse 5 für den Geringverdiener. Obwohl das Nettoeinkommen des Partners mit Klasse 5 niedriger ist als mit Klasse 4, führt die Kombination mit Klasse 3 zu einem höheren Gesamteinkommen für die Familie als andere Kombinationen.

Auswirkungen auf das Bürgergeld

Sobald ein Haushaltsmitglied Leistungen nach dem SGB II bezieht, wird der gemeinsame Haushalt als Bedarfsgemeinschaft betrachtet. Die Steuerklasse des berufstätigen Partners kann somit die Höhe der Regelleistungen für den bedürftigen Partner beeinflussen.

Jobcenter und Steuerklassenwechsel

Das Jobcenter fordert regelmäßig Ehepaare mit einem berufstätigen Partner auf, die Steuerklassen zu wechseln. Dies geschieht unter Berufung auf das SGB II und der Verpflichtung, alle Möglichkeiten zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen.

Rechtliche Grundlage für den Wechsel

Gemäß SGB II ist die Aufforderung zum Steuerklassenwechsel zulässig, sofern dadurch ein höheres Einkommen erzielt wird und das Jobcenter dadurch weniger Leistungen zahlen muss. Nach angemessener Frist kann das Jobcenter das Nettoeinkommen entsprechend der günstigeren Steuerklasse anrechnen.

Steuerrückzahlung und Bürgergeld

Eine Rückzahlung überschüssiger Einkommenssteuer durch den berufstätigen Partner führt zu einer Anrechnung auf das Familieneinkommen und folglich zu einem geringeren Bürgergeld-Satz für den leistungsbeziehenden Partner. Selbst das Bundesverfassungsgericht hält diese Anrechnung für nicht verfassungswidrig (AZ: 1 BvR 2007/11).

Aber: Beziehen Selbstständige ergänzende Bürgergeld-Leistungen, können sie ihr Einkommen nicht wegen einer Einkommensteuernachzahlung für Zeiten vor dem Hilfebezug mindern und dadurch höhere Leistungen vom Jobcenter erhalten, wie das Landessozialgericht Sachsen urteilte: Steuernachzahlung mindert nicht Bürgergeld

Freiwilliger Steuerklassenwechsel

Ein freiwilliger Steuerklassenwechsel ist möglich, muss aber beim Jobcenter gemeldet werden. Er muss zweckmäßig sein und den geringstmöglichen gemeinsamen Steuerabzug zur Folge haben, ansonsten ist das Jobcenter nicht daran gebunden.

Wie erfolgt der Steuerklassenwechsel?

Der Wechsel der Steuerklasse obliegt dem Finanzamt und muss einmal jährlich über ein offizielles Formular erfolgen. Der 30. November dient dabei als Stichtag für den Antrag. Das Formular ist beim Finanzamt oder online erhältlich und erfordert die Angabe wichtiger persönlicher Daten sowie der gewünschten Steuerklassenkombination.

Wichtig: Der Steuerklassenwechsel für Ehepaare ist kostenfrei und die Meldung beim Jobcenter im Falle eines freiwilligen Wechsels ist unerlässlich.