Hartz-4-Betrug? Gericht kritisiert Jobcenter-Chaos

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Immer wieder sehen sich Bezieher von Bürgergeld mit dem Vorwurf des “Betrugs” konfrontiert. Vor Gericht erweisen sich die Vorwürfe oft als haltlos oder übertrieben. Ein solcher Fall wurde jetzt vor dem Amtsgericht Sulingen verhandelt.

Vater und Tochter wegen Hartz-IV-Betrug angeklagt

Eine überraschende Wendung nahm vor dem Amtsgericht Sulingen ein Strafverfahren gegen einen Vater und seine Tochter wegen angeblichen Betrugs. Den beiden wurde vorgeworfen, Hartz-IV-Leistungen in Höhe von rund 2.700 Euro zu Unrecht bezogen zu haben.

Auslöser der Ermittlungen war eine Mitteilung des Jobcenters. Die Beschuldigten sollen einen Wohnortwechsel der Tochter nicht gemeldet haben. Das Jobcenter forderte die gezahlten Hartz-IV-Leistungen zurück und erstattete Anzeige wegen Betrugs.

Die 24-jährige Tochter lebte mit ihren Eltern in einer so genannten Bedarfsgemeinschaft. Die junge Frau hatte dem Jobcenter jedoch nicht mitgeteilt, dass sie ihren Wohnsitz gewechselt hatte. Das Jobcenter geht deshalb von einer Überzahlung und von Betrug aus.

Während die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufnahm, wehrte sich die junge Frau mit einem Widerspruch gegen den Erstattungsbescheid des Jobcenters

Jobcenter hatte Abhilfebescheid zugestellt

Als die Richterin die Betroffene befragte, legte diese einen Abhilfebescheid des Jobcenters vor. Darin stand, dass das Jobcenter auf die Rückzahlung verzichtet. Damit war der Anklage faktisch die Grundlage entzogen.

Das Gericht kritisierte das Vorgehen des Jobcenters und betonte, dass eine interne Prüfung des Widerspruchs ergeben hätte, dass eine Rückzahlung der erhaltenen Leistungen nicht geboten sei. Ein Betrugsdelikt habe daher nicht vorgelegen.

Freispruch erster Klasse

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurden die Angeklagten freigesprochen. Das Gericht sprach von einem Freispruch erster Klasse, da es von der Unschuld überzeugt war. Die Kosten des Verfahrens trägt die Landeskasse.

Das ganze Verfahren war also völlig überflüssig. Eine falsche Annahme bzw. ein falscher Informationsstand hat zu unnötigen Kosten und Ressourcenverschwendung geführt.

Gericht kritisierte Jobcenter

Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das Gericht haben in der mündlichen Verhandlung das Vorgehen des Jobcenters ausdrücklich kritisiert und betont, dass offensichtlich die rechte Hand des Jobcenters nicht immer wisse, was die linke tue. Es sei nicht hinnehmbar, dass Sachverhalte, die vom Jobcenter als strafbar bewertet und gemeldet worden seien, gegenüber der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht nicht eindeutig erklärt werden könnten, wenn sich der Vorwurf letztlich als unbegründet herausstelle.