Immer mehr Menschen leiden in Deutschland an einer Lebensmittelunverträglichkeit. Laut einiger Studien leidet rund jeder 5. Bundesbürger an einer Unverträglichkeit.
Wer davon betroffen ist, muss häufig auf Nahrungsmittel zurückgreifen, die einen Ersatz bieten. Das ist oft mit Mehrkosten verbunden, die mit dem regulärem Bürgergeld-Satz nicht zu bezahlen sind.
Kinder litten bereits an Untergewicht
Wie die Rechtsanwaltskanzlei “rightmart” aus Bremen berichtet, konnte für eine betroffene Familie ein Mehrbedarf beim zuständigen Jobcenter durchgesetzt werden.
“Vor einiger Zeit erreichte sie der Hilferuf eines Ehepaares. Jedes ihrer drei Kinder leidet an einer starken Gluten- und Laktoseunverträglichkeit” berichtet die Kanzlei.
Weil die Regelleistungen nicht ausreichten, um eine adäquate Ernährung zu gewährleisten, verloren die Kinder immer mehr an Gewicht.
Nach Angaben des behandelnden Arztes wiesen die Kinder einen Body-Mass-Index (BMI) gerade einmal einen Wert von 18,5 auf. Demnach waren die Kinder stark untergewichtig.
Erläuterung: Der BMI ist eine medizinisch anerkannte Berechnungsformel, die den Körperfettanteil eines Menschen ausweist. Hierzu wird die Körpergröße mit dem derzeitigen Gewicht in ein Verhältnis miteinander gesetzt. Der BMI ist allerdings nur eine Schätzung und demnach ein grober Richtwert.
Jobcenter lehnte Antrag auf Mehrbedarf ab
In ihrer Verzweiflung stellten die Eltern einen Antrag auf Mehrbedarf beim zuständigen Jobcenter. Hierzu legten sie zum Antrag auch die ärztliche Diagnose anbei.
Doch das Jobcenter lehnte den Antrag ab. “Offenbar erachtete der Sachbearbeiter die Situation der Kinder als nicht gravierend genug, um einen Mehrbedarf zu begründen”, kritisiert die Kanzlei.
Nach der Ablehnung suchten sich die betroffenen Eltern juristische Unterstützung.
Bedarf muss regelmäßig und unabwendbar sein
Damit das Jobcenter einen Mehrbedarf bewilligt, muss nach § 21 des Zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II) nachgewiesen sein, dass der zusätzliche Bedarf besonders und unabweisbar ist.
Ferner müssen es regelmäßige Kosten sein, die wiederkehrend jeden Monat zu stemmen sind. Die Kosten müssen zudem nicht vermeidbar sein bzw. eine besondere Härte darstellen, wenn diese vermieden werden.
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Ablehnungsbescheid war fehlerhaft
Die Anwälte prüften zunächst den Ablehnungsbescheid. Dieser wies Fehler auf. Anschließend wurde ein Widerspruch gegen die Ablehnung eingelegt.
Mehrbedarf von knapp 135 Euro gewährt
Nach nochmaliger Prüfung seitens des Jobcenters wurde der Widerspruch gewährt und ein neuer Bescheid ausgestellt. Die Familie erhält nunmehr knapp 135 Euro mehr im Monat.
Wann gibt es einen Mehrbedarf für Ernährung?
Für einen Anspruch auf Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährungen müssen Bezieher von Bürgergeld-Leistungen gemäß § 21 SGB II zwei wichtige Voraussetzungen erfüllen:
- Sie müssen krankheitsbedingt auf eine Ernährung angewiesen sein, die teurer ist als eine übliche Vollkost. Sind Sie jedoch lediglich krankheitsbedingt in Ihren Essgewohnheiten eingeschränkt, haben aber keine zusätzlichen Kosten, steht Ihnen auch kein Anspruch auf Mehrbedarf zu.
- Sie müssen sich aufgrund einer Krankheit besonders ernähren. Religiöse oder ethische Gründe führen nicht zu einem Anspruch auf Mehrbedarf.
Bei der Beantragung des Mehrbedarfs müssen Sie ein ärztliches Attest beifügen.
Aus diesem muss hervorgehen, um welche Erkrankung es sich handelt und welche Ernährungsweise erforderlich ist.
Zudem ist es ratsam, den Beginn der Krankheit ebenfalls anzugeben. So kann Ihnen der Mehrbedarf auch rückwirkend gewährt werden.
Wurde der Antrag bzw. auch der Widerspruch abgelehnt, sollte eine Klage beim zuständigen Sozialgericht geprüft werden.
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