Bürgergeld-Mehrbedarf für notwendige Kontaktlinsen

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Das Landessozialgericht Hessen urteilte, dass ein Härtefallmehrbedarf für notwendige Sehhilfen für Bürgergeld-eistungsbeziehende besteht. Das gilt auch dann, wenn es sich um laufende Kosten wie bei einem sogenannten Kontaktlinsen-Abo handelt.

Das Jobcenter ist demnach verpflichtet, den Mehrbedarf zu bewilligen.

Jobcenter verweigerte Antrag auf Kostenübernahme für Kontaktlinsen

Auch eine theoretisch gerechtfertigte Übernahme der Kosten durch die gesetzliche Krankenversicherung ändert daran nichts, wenn hierzu nicht beraten wurde oder eine Regelungslücke besteht (Az.: L 6 AS 359/19).

Eine Hartz IV Betroffene stellte bei ihrem Jobcenter den Antrag, Kosten aus Zuzahlung der Krankenkasse, die aus einer Arztverordnung resultieren, zu übernehmen.

Das Jobcenter lehnte den Antrag ab und verwies darauf, dass derartige Kosten nur im Rahmen des § 24 Abs. 3 SGB II erbracht werden könnten, der hier nicht zutreffe, das das SGB II weitere einmalige Sonderleistungen nicht vorsehe.

Einen Überprüfungsantrag zur Feststellung eines unabweisbaren und nicht nur einmaligen besonderen Bedarfes lehnte das Jobcenter ebenfalls ab, da der Verwaltungsakt bereits unanfechtbar geworden sei.

Zudem könnten Kosten, die von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung abgedeckt würden, nicht als Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II angesehen werden. Auch ein ärztliches Gutachten ändere daran nichts.

Landessozialgericht: Unabweisbarer Härtefallmehrbedarf besteht

Das Sozialgericht Kassel entschied auf Grundlage des ärztlichen Gutachtens, das darauf verwies, dass der Betroffenen aufgrund einer Augenverletzung das Sehen ohne Kontaktlinsen praktisch unmöglich sei, und des Umstands, dass die Betroffene ohne die Kostenübernahme ihre Fahrerlaubnis nicht wahrnehmen könne und entsprechend eingeschränkt werde, dass das Jobcenter den Mehrbedarf vollumfänglich übernehmen müsse. (Az.: S 8 AS 193/17).

Gegen dieses Urteil hat das Jobcenter Revision vor dem Landessozialgericht Hessen eingelegt.

Dessen Meinung nach hätte die Krankenkasse die Kosten übernehmen müssen, sofern eine medizinische Notwendigkeit bestünde. Wenn die Notwendigkeit aber generell nicht bestehe, entfalle auch die Notwendigkeit, diese in bestimmten Zeitintervallen regelmäßig zu beschaffen.

Verweis auf SGB V nur nach entsprechender Beratung möglich

Das LSG hat geurteilt, dass die Betroffene einen laufenden Bedarf an individuell angefertigten Kontaktlinsen habe, um nicht nachteilig eingeschränkt zu werden.

Das die Sozialgesetze für einen solchen Fall keine Regelung vorsehen, müssen die Kosten nach § 21 Abs. 6 SGB II seitens des Jobcenters übernommen werden. Ein Verweis auf § 33 Abs. 2 SGB V, der die Übernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung regele, könne nur nach eingehender Beratung durch das Jobcenter erfolgen, was hier nicht der Fall gewesen sei.

Bei einer Regelungslücke müsste das Jobcenter die Kosten jedoch ohnehin übernehmen (Az.: L 6 AS 359/19). Bild: AdobeStock / HQUALITY