Der Weg in die Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) ist für viele Betroffene langwierig und schwer. Auch bei schweren Einschränkungen, die die Arbeitsfähigkeit dauerhaft unmöglich machen, ist der Zugang zur Erwerbsminderungsrente oft nicht garantiert. Immerhin werden laut der Deutschen Rentenversicherung etwa 50 Prozent der Anträge auf EM-Rente abgelehnt.
Wir zeigen die Hürden, auf die Antragsteller stoßen können, und geben Hinweise, wie diese überwunden werden können.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eigentlich eine Erwerbsminderungsrente?
Die Erwerbsminderungsrente ist eine Sozialleistung, die Betroffene erhalten, die aufgrund einer körperlicher Beeinträchtigung nicht mehr in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit zu sichern.
Dabei unterscheidet man zwischen der vollen und der teilweisen Erwerbsminderungsrente, je nach Schwere der Beeinträchtigung. Doch selbst wenn die Voraussetzungen gegeben sind, kann es schwierig sein, die Rente zu erhalten.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Um eine Erwerbsminderungsrente zu erhalten, müssen neben den medizinischen Voraussetzungen auch versicherungsrechtliche Bedingungen erfüllt sein. Dazu gehören:
1. Erfüllung der Wartezeit: In der Regel müssen mindestens fünf Jahre Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nachgewiesen werden. Auch die sogenannte „3/5-Regel“ besagt, dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge geleistet worden sein müssen.
2. Besondere Regelungen nach § 241 SGB VI: Für bestimmte Menschen gelten Sonderregelungen, die eine vorzeitige Wartezeiterfüllung ermöglichen. Diese betreffen insbesondere Versicherte, die bereits in jungen Jahren erkranken oder bestimmte Versicherungszeiten durch besondere Umstände nicht erfüllen konnten.
Welche Auswirkungen hat der Beginn der Erkrankung auf die Erwerbsfähigkeit?
Der erste Schritt in Richtung Erwerbsminderungsrente beginnt meist mit einer schweren Erkrankung oder einem Unfall. In diesem Stadium ist es entscheidend, frühzeitig die Auswirkungen der Erkrankung auf die Erwerbsfähigkeit zu dokumentieren. Ärzte und Fachärzte spielen hierbei eine wichtige Rolle. Ihre Diagnosen und Prognosen darüber, wie sich die Erkrankung auf die Arbeitsfähigkeit auswirkt, sind später entscheidend.
Bereits im frühen Stadium ist es ratsam, alle Befunde sorgfältig zu sammeln und diese regelmäßig mit Fachärzten zu besprechen. “Erste Anzeichen einer dauerhaften Einschränkung sollten klar dokumentiert werden. Ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente wird zu diesem Zeitpunkt jedoch nur in Ausnahmefällen bewilligt, da die Auswirkungen der Erkrankung meist noch nicht abschließend bewertet werden können”, rät der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt.
Wie wird im Behandlungsstadium die Erwerbsfähigkeit geprüft?
Im weiteren Verlauf der Erkrankung stehen in der Regel intensive Behandlungen oder Operationen an. Oft wird in diesem Stadium eine medikamentöse Therapie eingeleitet oder es folgen onkologische oder neurologische Behandlungen. In dieser Phase hoffen viele Betroffene auf Heilung oder zumindest eine Verbesserung ihres Gesundheitszustands.
Doch was, wenn die Behandlungen nicht anschlagen? Hier stellt sich die Frage, ob die Erwerbsfähigkeit dauerhaft eingeschränkt bleibt. “Eine enge Zusammenarbeit mit den behandelnden Ärzten ist unerlässlich, um zu klären, ob und inwieweit die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt werden kann. Reha-Maßnahmen spielen hierbei eine wichtige Rolle. Sollten diese nicht den gewünschten Erfolg bringen, muss über die Beantragung der Erwerbsminderungsrente nachgedacht werden”, so Anhalt.
Wichtig in dieser Phase ist die Sammlung aller relevanten Unterlagen: Behandlungsberichte, Reha-Entlassungsberichte und OP-Berichte sollten sorgfältig aufbewahrt werden, da sie später als Grundlage für die Beantragung der Rente dienen können.
Was passiert, wenn die Erkrankung dauerhaft ist?
Wenn die Behandlungen keinen Erfolg zeigen und die Erwerbsfähigkeit dauerhaft eingeschränkt ist, wird der Antrag auf Erwerbsminderungsrente meist unausweichlich. In dieser Phase beginnt ein oft langwieriger Prozess. Viele Betroffene werden zunächst von ihrer Krankenkasse oder der Bundesagentur für Arbeit aufgefordert, einen Antrag zu stellen.
Nach der Antragstellung erfolgt eine Prüfung durch die Deutsche Rentenversicherung. In vielen Fällen wird eine Begutachtung durch einen unabhängigen Gutachter angeordnet. Der Ausgang dieses Gutachtens ist oft ungewiss und kann entscheidend für die Bewilligung der Rente sein.
Die Rentenversicherung kann die EM-Rente befristet oder unbefristet gewähren, je nach Schwere und Prognose der Beeinträchtigung. Doch auch wenn die Rente bewilligt wird, bleiben oft arbeitsrechtliche Fragen zu klären, wie etwa die Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder Ansprüche auf Urlaubsabgeltung.
Was tun, wenn der EM-Antrag abgelehnt wird?
Die größte Herausforderung stellt sich jedoch, wenn der Antrag auf Erwerbsminderungsrente abgelehnt wird. “In diesem Fall bleibt Betroffenen nur der Weg über den Widerspruch oder gar eine Klage vor dem Sozialgericht”, sagt Anhalt. Dieser Weg ist oft lang und nervenaufreibend. Neue Gutachten müssen erstellt, die ärztlichen Berichte erneut geprüft und möglicherweise weitere Untersuchungen durchgeführt werden.
Während dieser Zeit verschlechtern sich häufig die finanzielle Lage und die psychische Belastung der Betroffenen. Es kann notwendig werden, zusätzliche Sozialleistungen wie das Bürgergeld zu beantragen, um den Lebensunterhalt zu sichern, rät der Sozialrechtsexperte.
“Dennoch ist es wichtig, auch in dieser Phase nicht den Mut zu verlieren und den Rechtsweg konsequent zu beschreiten”, sagt auch der Rentenanwalt Peter Knöppel. Unterstützung durch Rentenberater, Anwälte oder Sozialverbände kann dabei helfen, die Erfolgsaussichten zu verbessern.
Viel Zeit und Geduld auf dem Weg zur Erwerbsminderungsrente
Die Statistiken zeigen, dass etwa die Hälfte der Anträge auf Erwerbsminderungsrente im ersten Schritt abgelehnt wird. Daher ist es umso wichtiger, sich frühzeitig gut vorzubereiten und alle relevanten medizinischen Unterlagen sorgfältig zu dokumentieren. Geduld und ein langer Atem sind auf diesem Weg unerlässlich, da oft mehrere Jahre ins Land gehen, bis der EM-Antrag durch ist.
Es empfiehlt sich zudem, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen, sei es durch Rentenberater oder Anwälte, um den komplexen Antrags- und Widerspruchsprozess bestmöglich zu bewältigen.
Fazit
Der Weg in die Erwerbsminderungsrente ist ein steiniger und oft langwieriger Prozess. Betroffene müssen sich nicht nur mit den gesundheitlichen Auswirkungen ihrer Erkrankung auseinandersetzen, sondern auch mit rechtlichen und bürokratischen Hürden. Eine sorgfältige Vorbereitung, eine lückenlose Dokumentation aller medizinischen Befunde und eine professionelle Unterstützung können die Erfolgsaussichten erheblich verbessern. Auch wenn der Weg schwierig ist, sollten Betroffene nicht den Mut verlieren – mit Geduld und Durchhaltevermögen ist der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zu erreichen.
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.