Anspruch auf Trennungsunterhalt auch ohne Zusammenleben

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BGH: Formell bestehende Ehe hat normale Rechte und Pflichten

Eine Ehe ohne ein gemeinsames Zusammenleben führt nicht zu geringeren ehelichen Rechten oder Pflichten. Trennt sich ein Ehepaar, auch wenn es noch nie einen gemeinsamen Haushalt begründet oder zusammen Sex hatte, besteht trotzdem Anspruch auf Trennungsunterhalt, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Donnerstag, 23. April 2020, veröffentlichten Beschluss (Az.: XII ZB 358/19).

Konkret ging es um ein Ehepaar mit indischen Wurzeln. Die Ehe hatten die Eltern des Paares arrangiert. Die Frau arbeitete in Frankfurt am Main bei einer Bank, der Mann lebte in Paris und war als Wertpapierhändler tätig.

Doch die am 23. August 2017 geschlossene Ehe stand unter keinem guten Stern. Ein gemeinsames Zusammenleben fand nicht statt. Die Eheleute pflegten an den Wochenenden „Übernachtungskontakte”, die Ehe wurde jedoch nie „vollzogen”. Beide Ehepartner hatten eigene Konten und wirtschafteten getrennt.

Als es ein Jahr später nach einer Aussprache zur Trennung kam, verlangte die Frau von ihrem gut verdienenden Ehegatten bis zum Ausspruch der Scheidung Trennungsunterhalt.

Dieser lehnte ab. Sie hätte ja gar keine richtige Ehe geführt. Weder hätten sie zusammengelebt, noch hätten sie Sex gehabt. Ihre Beziehung sei rein freundschaftlicher Natur.

Vor Gericht gab die Frau an, ein „ganz normales Eheleben” geführt zu haben. Auf Sex habe sie auf Wunsch ihres Partners wegen bestehender medizinischer Probleme die ganze Zeit verzichtet.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main sprach der Frau mit Beschluss vom 12. Juli 2019 einen monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 1.320 Euro zu (Az.: 4 UF 123/19; JurAgentur-Meldung vom 7. August 2019). Während der Ehe bestehe grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch, zunächst ein Familienunterhaltsanspruch und ab dem Zeitpunkt der Trennung ein Trennungsunterhaltsanspruch. Ab der Scheidung könne dann gegebenenfalls ein nachehelicher Ehegattenunterhalt beansprucht werden.

Für den Trennungsunterhalt spiele es keine Rolle, ob das Paar vor der Trennung zusammengelebt habe und eine Lebensgemeinschaft eingegangen sei, so das OLG.

Dem stimmte nun auch der BGH in seinem Beschluss vom 19. Februar 2020 zu. Für den Anspruch auf Trennungsunterhalt komme es nicht darauf an, ob das Paar in häuslicher Gemeinschaft gelebt oder sie ihre Einkünfte für eine gemeinsame Lebensführung verwendet haben. Mit der Eheschließung sei nach dem Gesetz ein Anspruch auf Familienunterhalt entstanden. Eheleute könnten noch nicht einmal wirksam vereinbaren, im Fall einer Trennung auf den Trennungsunterhalt zu verzichten. Es gebe keine „nur formell bestehende Ehe mit anderen (verminderten) als den gesetzlichen Rechten und Pflichten”, so die Karlsruher Richter. fle/mwo