Wieviel Witwenrente bekomme ich wenn ich selber Rente bekomme?

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Wer eine Witwenrente erhält und zugleich eine eigene Altersrente bezieht, bekommt nicht automatisch „zwei Renten voll“. Die Hinterbliebenenrente bleibt grundsätzlich bestehen, wird aber nach dem sogenannten Sterbevierteljahr um eigenes Einkommen gekürzt, soweit es einen Freibetrag übersteigt. Entscheidend ist dabei nicht Ihr Brutto, sondern ein von der Rentenversicherung ermitteltes maßgebliches Nettoeinkommen.

Anspruch und Art der Witwenrente: klein, groß und das Sterbevierteljahr

Ob Sie eine kleine oder große Witwen-/Witwerrente erhalten, hängt vor allem von Alter, Kindererziehung oder Erwerbsminderung ab. Die große Witwen-/Witwerrente liegt in der Regel bei 55 Prozent der Rente, die die verstorbene Person bezogen hat oder hätte; in bestimmten „Alt-Fällen“ sind es 60 Prozent. Die kleine Witwen-/Witwerrente beträgt grundsätzlich 25 Prozent und ist meist auf 24 Kalendermonate begrenzt.

Unmittelbar nach dem Todesfall greift eine besondere Schutzphase: Im Sterbevierteljahr, also in den ersten drei Kalendermonaten nach dem Sterbemonat, wird eigenes Einkommen nicht angerechnet. In dieser Zeit wird in der Praxis eine Leistung in voller Höhe des Rentenanspruchs der verstorbenen Person gezahlt. Erst danach wird geprüft, ob und wie stark Ihr eigenes Einkommen die laufende Hinterbliebenenrente mindert.

Warum Ihre eigene Rente die Witwenrente mindern kann

Die gesetzliche Logik ist: Hinterbliebenenrenten sollen den weggefallenen Unterhalt teilweise ersetzen. Wenn eigenes Einkommen vorhanden ist, wird die Hinterbliebenenrente deshalb ab einem bestimmten Niveau gekürzt. Zu den Einkommen, die dabei berücksichtigt werden, gehören ausdrücklich auch Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung – also Ihre eigene Altersrente.

Wichtig: Das bedeutet nicht, dass die Witwenrente „wegfällt“, sobald Sie selbst Rente bekommen. In vielen Fällen bleibt sie ganz oder teilweise erhalten, etwa wenn Ihre eigene Rente unter dem Freibetrag liegt oder nur knapp darüber.

So läuft die Einkommensanrechnung in der Praxis

Die Kürzung funktioniert nach einer festen Rechenidee: Zuerst wird ein monatlicher Freibetrag abgezogen. Nur was darüber liegt, wirkt sich aus. Von diesem übersteigenden Teil werden 40 Prozent auf die Witwen-/Witwerrente angerechnet. Die Kürzung kann die Hinterbliebenenrente bis auf null drücken, aber nicht „negativ“ werden lassen.

Der Freibetrag ist an den aktuellen Rentenwert gekoppelt und wird regelmäßig angepasst. Für den Zeitraum 1. Juli 2025 bis 30. Juni 2026 liegt er bei 1.076,86 Euro im Monat. Wenn ein Kind vorhanden ist, das Anspruch auf Waisenrente hat, erhöht sich der Freibetrag pro Kind um 228,42 Euro monatlich. Damit kann die Anrechnung deutlich später einsetzen, als viele erwarten.

Ein Berechnungsbeispiel aus der Praxis

Angenommen, Sie erhalten nach dem Sterbevierteljahr eine große Witwenrente von 900,00 Euro monatlich. Zusätzlich beziehen Sie eine eigene Altersrente, die als maßgebliches Nettoeinkommen mit 1.400,00 Euro im Monat angesetzt wird. Der Freibetrag (Stand 1. Juli 2025 bis 30. Juni 2026) liegt bei 1.076,86 Euro.

Von Ihrer eigenen Rente bleibt damit zunächst der Freibetrag anrechnungsfrei: 1.400,00 Euro minus 1.076,86 Euro ergibt 323,14 Euro. Von diesem übersteigenden Betrag werden 40 Prozent auf die Witwenrente angerechnet: 323,14 Euro mal 0,40 ergibt 129,26 Euro (auf Cent gerundet).
Ihre Witwenrente wird dann um 129,26 Euro gekürzt: 900,00 Euro minus 129,26 Euro ergibt 770,74 Euro. In diesem Praxisbeispiel würden Sie also monatlich 770,74 Euro Witwenrente plus 1.400,00 Euro eigene Rente erhalten; im Sterbevierteljahr würde die Kürzung wegen eigenen Einkommens noch nicht greifen.

Was bei der eigenen Altersrente als „Nettoeinkommen“ zählt

Viele schauen auf den Betrag, der monatlich aufs Konto geht. Für die Anrechnung wird jedoch ein „Nettoeinkommen“ nach pauschalen Regeln ermittelt. Bei einer Altersrente zieht die Rentenversicherung typischerweise pauschal 14 Prozent vom Bruttobetrag ab, um Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie eine mögliche Steuerbelastung abzubilden; bei Rentenbeginn vor 2011 sind es 13 Prozent.

Das kann dazu führen, dass der für die Anrechnung maßgebliche Wert von Ihrem gefühlten Netto abweicht.

Außerdem gilt: Ausschlaggebend ist grundsätzlich das monatliche Einkommen. Treffen mehrere Einkommen zusammen, werden sie zusammengerechnet. Bei dauerhaften Erwerbsersatzeinkommen wie Altersrenten wird in der Regel das laufende Einkommen angesetzt, während bei Erwerbseinkommen häufig Durchschnittswerte aus dem Vorjahr eine Rolle spielen.

Zwei Beispielrechnungen zur Orientierung

Wenn Ihre maßgebliche eigene Netto-Altersrente bei 1.000 Euro im Monat liegt, bleibt sie unter dem Freibetrag von 1.076,86 Euro. Dann erfolgt nach dem Sterbevierteljahr keine Kürzung der Witwenrente wegen dieser eigenen Rente.

Liegt Ihre maßgebliche eigene Netto-Altersrente bei 1.400 Euro im Monat, übersteigt sie den Freibetrag um 323,14 Euro. Davon werden 40 Prozent angerechnet, also 129,26 Euro. In dieser Größenordnung würde die Witwenrente monatlich sinken, sofern keine weiteren Besonderheiten (etwa Kinderfreibetrag oder andere Einkünfte) hinzukommen.

Wenn Sie ein waisenrentenberechtigtes Kind haben, steigt der Freibetrag in diesem Zeitraum auf 1.305,28 Euro. Bei einem Nettoeinkommen von 1.500 Euro läge der übersteigende Anteil bei 194,72 Euro; 40 Prozent davon wären 77,89 Euro Kürzung.

Typische Punkte, die die Auszahlung spürbar verändern können

Neben der Einkommensanrechnung gibt es weitere Mechanismen, die Ihre Witwenrente beeinflussen können. Je nach Fall kann ein Abschlag auf Renten wegen Todes wirken, insbesondere wenn die verstorbene Person eine bestimmte Altersgrenze beim Tod nicht erreicht hatte; der Abschlag kann bis zu 10,8 Prozent betragen. Außerdem endet die Witwen-/Witwerrente bei Wiederheirat, wobei häufig eine einmalige Rentenabfindung als Starthilfe vorgesehen ist.

Auch die Frage, ob „altes“ oder „neues“ Recht gilt, ist für die Höhe wichtig, etwa wegen 60 statt 55 Prozent bei der großen Witwenrente in bestimmten Konstellationen. Zusätzlich existieren Übergangs- und Vertrauensschutzregeln, die im Einzelfall beeinflussen können, welche Einkommensarten wie berücksichtigt werden.

Was Sie konkret tun können, um Ihre voraussichtliche Witwenrente zu klären

Für eine belastbare Zahl führt kein Weg an Ihrer individuellen Berechnung vorbei. Dafür braucht es insbesondere den Rentenbescheid der verstorbenen Person beziehungsweise deren Versicherungsverlauf, die Art Ihrer Hinterbliebenenrente (klein/groß), den Zeitraum (Sterbevierteljahr oder danach) und die Höhe sowie Art Ihrer eigenen Einkünfte. Sinnvoll ist, sich nicht nur „die Witwenrente“ nennen zu lassen, sondern ausdrücklich auch die Einkommensanrechnung mit dem aktuell geltenden Freibetrag prüfen zu lassen, weil genau dort die größten Abweichungen entstehen.

Quellen

Deutsche Rentenversicherung: Renten an Hinterbliebene (Anspruch, Sterbevierteljahr, Ende bei Wiederheirat, Einkommensarten).