Viele schuften für Mindestlohn und in Dauerbefristung

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Der Arbeitsmarkt ist nicht erst durch Corona in der Krise. Die Zahl der Menschen, die unter dem Mindestlohn arbeiten und sich von einer Befristung zur nächsten hangeln, ist unglaublich groß. Viele müssen mit Hartz IV aufstocken.

Ein Drittel der Arbeitnehmer arbeitet für Armutslöhne

Die Linke im Bundestag hat erneut den hohen Anteil an Arbeitnehmern angemahnt, die auf Mindeslohnniveau oder darunter verdienen. Nach Anfrage der Fraktion beim Statistischen Bundesamt erhält jeder dritte Beschäftigte weniger als 13 Euro Bruttostundenverdienst für seine Arbeit. In Ostdeutschland sind es sogar 44 Prozent.

Insbesondere geringfügig Beschäftigte sind vom Niedriglohnsektor betroffen. Acht von zehn verienen weniger als 13 Euro pro Stunde. Nach der Empfehlung der EU-Kommission soll der gesetzliche Mindestlohn, den es in Deutschland seit fünf Jahren gibt, bei ca. 60 Prozent des mittleren Lohns in einem Land liegen. Damit müsste der Mindestlohn in Deutschland auf 13 Euro erhöht werden. Aktuell liegt er bei 9,60 Euro und steigt bis 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro.

Die SPD und der Deutsche Gewerkschaftsbund fordern eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro. Davon würden 26 Prozent der Beschäftigten profitieren. Bei einer Erhöhung auf 13 Euro wären es jedoch 32 Prozent, so die Linksfraktion im Bundestag.

Neueinstellungen gehen drastisch zurück, viele sind befristet

Aufgrund der Corona-Krise ist die Zahl der Neueinstellungen um fast ein Drittel zurückgegangen. Fast 40 Prozent derer, die eine Neuanstellung ergattert haben, wurden befristet eingestellt, zeigt eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung.  Ein Phänomen, das jedoch schon lange vor Corona gang und gäbe war.

Besonders stark von befristeten Anstellungen betroffen sind junge Beschäftigte und ausländische Arbeitskräfte. Knapp über die Hälfte der Neuangestellten unter 25 Jahren arbeitet mit befristeten Arbeitsverträgen, bei Arbeitnehmern zwischen 25 und 54 sind es 37,1 Prozent. Bei Arbeitnehmern mit ausländischer Staatsangehörigkeit sind es 43,9 Prozent. Dort sind gerade Frauen betroffen, die 52,2 Prozent ausmachen, während es 39,6 Prozent bei deutschen Staatsangehörigen sind.

Nach Qualifikation und Berufsfeldern sind insbesondere Beschäftigte ohne Ausbildungsabschluss (51,7 Prozent) und Hochschulabsolventen (44,6 Prozent) von befristeten Arbeitsverträgen betroffen. In den Branchen Erziehung, Bildung, Information und Kommunikation ist der Anteil besonders hoch.

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Arbeitsminister will gegen sachgrundlose Befristung vorgehen

Schlecht bezahlt und befristet – die Unsicherheit macht insbesondere Geringverdienern stark zu schaffen. Viele müssen mit Hartz IV aufstocken. Aber aufgrund der strukturellen Bedingungen ist es kaum möglich, dem Niedriglohnsektor zu entkommen.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat jetzt einen Gesetzentwurf zur Einschränkung sachgrundloser Befristung vorgelegt. Damit soll die Häufigkeit und Dauer  befristeter Beschäftigungsverhältnisse verringert werden. In dem Entwurf heißt es, dass Befristungen nur noch einmal statt dreimal verlängert werden können und die Dauer der Befristung von 24 auf 18 Monate verringert werden soll. Insbesondere in großen Unternehmen soll die Zahl der befristet angestellten Arbeitnehmern auf maximal 2,5 Prozent reduziert werden. Außerdem sollen befristete Arbeitsverträge mit demselben Arbeitgeber auf eine Höchstdauer von fünf Jahren begrenzt werden. Mit dem Entwurf solle auch die Umgehung des Kündigungsschutzes verhindert werden, so Heil. Die Union zeigt sich bisher verhalten über den Vorschlag.

Um die strukturellen Probleme prekärer Beschäftigung zu lösen, geht der Gesetzentwurf ohnehin viel zu kurz. Eine wesentliche Erhöhung des Mindestlohns sowie der Hartz IV-Regelsätze wären notwendig, um Chancen für den wirtschaftlichen Aufstieg zu schaffen und Arbeitnehmern mehr Sicherheit zu geben.

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