Gewerkschaften, Parteien und Sozialverbände fordern höhere ALG II-Regelleistungen. Gerade durch die Pandemie sind die Ausgaben für Hartz IV Beziehende stark gestiegen. FFP2-Masken, Desinfektionsmittel und kein freies Mittagessen für Kinder in den Schulen und Tageseinrichtungen: Das alles führt zu Ausgaben, die nicht über die derzeitigen Regelleistungen aufgefangen werden können. Der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, ist dagegen.
Mit 600 EUR seien die Menschen angeblich nicht zufriedener
Die Hauptaufgabe des Vorstandschefs der Bundesagentur für Arbeit ist, Menschen, die von Erwerbslosigkeit betroffen sind, zu helfen. Doch von einer monatlichen Erhöhung auf 600 Euro hält der BA-Chef wenig.
“Ich bezweifle, dass jemand mit 600 Euro deutlich zufriedener wäre”, sagte Scheele gegenüber der “Zeit”. “Wer sorgenlos leben möchte, der muss sich berappeln und möglichst gut entlohnte Arbeit finden”, so der BA-Chef weiter.
Ein breites Bündnis aus Verbänden, Initiativen und Gewerkschaften fordert derzeit den Regelsatz bei Hartz IV auf 600 Euro im Monat zu erhöhen. Momentan liegt der Eckregelsatz bei 446 Euro.
Scheele macht sich indess aber mehr Sorgen um den Steuerzahler. “Dazu gehört ja auch die Kassiererin bei Aldi, die möglicherweise netto nicht viel mehr hat als der Empfänger von Grundsicherung”.
Gegenüber der Zeit sagte der BA-Chef, dass er selbst in seiner Kindheit von wenig Geld leben musste. “Ich konnte nicht mit anderen mithalten. Mein Vater ist krank geworden, als ich in die erste Klasse kam, und früh gestorben. Wir hatten wenig Geld.”
Scheele habe sein Studium selbst finanziert, in dem er bei einem Versandhandel den Hofe gefegt habe. “Das geht doch”. Man könne nicht alles auf die Grundsicherung schieben, so der BA-Chef weiter.
Großes Bündnis fordert 600 Euro Hartz IV-Regelleistungen
An dem Appell haben sich u.a. der Paritätische Gesamtverband, die Diakonie oder auch der Deutsche Kinderschutzbund beteiligt. Die Covid-19-Pandemie mit all ihren wirtschaftlichen und sozialen Folgen sei eine Herausforderung für alle Menschen. Sie trifft jedoch die Ärmsten in der Gesellschaft besonders hart. Sie warten noch immer auf angemessene Unterstützung.
Die Erstunterzeichner fordern:
1. Eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro für alle Menschen, die auf existenzsichernde Leistungen wie etwa Hartz IV angewiesen sind. Denn schon vor Corona fehlte es den Armen an Geld für eine ausgewogene, gesunde Ernährung und ein Mindestmaß an sozialer, politischer und kultureller Teilhabe.
2. Für die Dauer der Krise einen pauschalen Mehrbedarfszuschlag in der Grundsicherung von 100 Euro pro Kopf und Monat. Denn es entstehen durch Corona zusätzliche Bedarfe durch wegfallende Schulessen, Preissteigerungen bei Obst und Gemüse, Mehrausgaben für Hygieneartikel und Masken oder Spielzeug und Bücher für Kinder im Lockdown.
3. Für die Dauer der Krise ein Verbot von Zwangsräumungen und die Aussetzung von Kreditrückzahlungen, um einkommensarme Menschen vor Corona-bedingtem Wohnungsverlust und Existenznot zu schützen.
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