Bündnis für Politik- und Meinungsfreiheit spricht sich gegen weitere Stellenkürzungen im Bereich der
kritischen Wissenschaft aus
Zwei Berufungsverfahren sorgen zur Zeit in Deutschland für Diskussionen. An der FU Berlin wurde die Berufung Albert Scharenbergs vom Präsidium gestoppt. Inoffizielle Begründung war dessen Tätigkeit im Kuratorium der linksparteinahen Rosa-Luxemburg Stiftung. In Marburg protestiert zur Zeit ein breites Bündnis gegen eine vom dortigen Präsidium angeordnete Streichung einer in der Tradition der linken „Abendrothschule“ stehenden Professur.
Björn Wortmann, Geschäftsführer des Bündnis für Politik- und Meinungsfreiheit, betrachtet die Entwicklungen mit Sorge. „In beiden Fällen verhinderten Eingriffe des Präsidiums die Berufung kritischer Wissenschaftler. Wissenschaftlich lassen sich die Eingriffe nicht rechtfertigen. Schließlich wurden die Wissenschaftler von den zuständigen Gremien für qualifiziert befunden. Die Nichtbesetzungen sind damit nur als politisch motiviert zu begreifen. Kritische Positionen sind offenbar in Zeiten neoliberaler
Umstrukturierung der Hochschulen nicht mehr erwünscht“, befürchtet er.
Bereits in den vergangenen Jahren wurden die Bedingungen für kritische Wissenschaft an deutschen Hochschulen zunehmend erschwert. Unter anderem am Institut für Gesellschaftswissenschaften in Frankfurt und am Otto-Suhr-Institut an der Freien Universität Berlin wurden Stellen mit kritischem Profil gestrichen. Das Bündnis für Politik- und Meinungsfreiheit sieht in den Stellenstreichungen eine Gefahr für den Wissenschaftspluralismus. „Es scheint, als würden Professuren zunehmend nicht mehr danach besetzt werden, wer qualifiziert ist und wer nicht. Eine größere Rolle spielt offenbar die Frage, ob die BewerberInnen den Präsidien politisch genehm sind. Eine solche Entwicklung ist eine große Gefahr für die Meinungsfreiheit und für die Freiheit der Wissenschaft“, erklärt Nikolai Huke Referent für Hochschulpolitik vom AStA Marburg.
„Die Freiheit eines Wissenschaftssystems erweist sich nicht zuletzt an der Vielfalt der angebotenen Lehrmeinungen. Sie ist an vielen Instituten bereits verloren gegangen“, heißt es auch in einem Aufruf der Initiative zur Rettung der kritischen Wissenschaft in Marburg. Der Aufruf wurde bisher von über 700 deutschen und internationalen WissenschaftlerInnen, GewerkschafterInnen und Studierenden unterzeichnet.
Anders als in Deutschland nimmt kritische Wissenschaft im Ausland, insbesondere in den USA und in Großbritannien, einen selbstverständlichen Platz ein. Sie genießt in der dortigen Fachwelt eine hohe Wertschätzung. Kritische Forschung und Lehre tragen wesentlich zum international guten Ruf angelsächsischer Hochschulen bei. (26.09.07)
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