Ständige Kränkungen machen krank

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Kränkungen beeinflussen die Gesundheit

Hartz IV Bezieher erleben permanente Kränkungen in den Jobcentern. Aber auch Beschäftigte werden häufiger krank, weil sie von ihren Vorgesetzten gekränkt und unfair behandelt werden. Das ergab eine Auswertung des wissenschaftlichen Instituts der AOK (WiDo), die der Redaktion vorliegt.

Mehr krank durch Demütigungen

Die Studienlage ist eindeutig. Arbeitnehmer, die sich gewertschätzt durch ihren Arbeitgeber bzw. Vorgesetzten fühlen, sind durchschnittlich 12,7 Arbeitsunfähigkeitstage pro Jahr krank geschrieben. Dagegen weist die Gruppe der Berufstätigen, die ihren Chef als eher ungerecht wahrnehmen, im Durchschnitt 15,0 Fehltage auf. Dies ist ein Ergebnis des vorgestellten Fehlzeiten-Reports 2020 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

„Gefühlte Ungerechtigkeit bringt dabei insbesondere emotionale Irritationen und psychosomatische Beschwerden mit sich“, sagt Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO und Mitherausgeber des Fehlzeiten-Reports 2020. Nahezu ein Viertel der Beschäftigten, die sich von ihrem Vorgesetzten ungerecht behandelt fühlen, berichtet über Gefühle der Gereiztheit wie Wut und Ärger (23,3 Prozent), rund jeder Fünfte über Lustlosigkeit (21,2 Prozent), Erschöpfung (19,7 Prozent) oder Schlafstörungen (18,1 Prozent).

Nicht nur psychisch auch körperlich

Sogar körperliche Beschwerden wie Rücken- und Gelenkschmerzen (25,8 Prozent) oder Kopfschmerzen (10,2 Prozent) kommen häufiger vor. Im Mittel über alle Beschwerden berichten immerhin 13,0 Prozent dieser Beschäftigten über eine höhere Betroffenheit. Demgegenüber treten diese Beschwerden in der Gruppe, die ihre Führungskraft als fair bewerten, deutlich seltener auf (3,4 Prozent). Schröder: „Die gesundheitlichen Belastungen bei Beschäftigten mit einer als fair empfundenen Führungskraft sind damit nur ein Viertel so hoch wie bei den Beschäftigten mit einer als unfair empfundenen Führungskraft.“

Vorgesetzte bestimmen Arbeitsklima

Ob ein Unternehmen als gerecht oder ungerecht eingeschätzt wird, hängt der Studie zufolge vor allem mit der jeweiligen Führungskraft zusammen, die eine zentrale Scharnierfunktion zwischen Unternehmensleitung und Mitarbeitenden darstellt. Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes dazu: „Das Handeln von Führungskräften und ihr Umgang mit Beschäftigten beeinflussen das Gerechtigkeitsempfinden der Arbeitnehmerinnen sowie Arbeitnehmer und damit auch deren gesundheitliche Verfassung.“

Krank durch Hartz IV System

Nicht nur Arbeitnehmer haben mit Abwertungen zu kämpfen. Laut einer wissenschaftlichen Studie von Dresdener und Leipziger Forschern sind die gestellten Anforderungen der Jobcenter an Hartz IV Bezieher oftmals unrealistisch und zuweilen sogar gesundheitsgefährdend. Erwerbslose werden vielmals dazu angehalten viele Bewerbungen schreiben, über eine hohe Arbeitsorientierung zu verfügen, eine starke Konzessionsbereitschaft an den Tag legen und zudem auch noch Optimismus zeigen. Wer die vorgegebenen Bemühungen nicht einhält, wird sanktioniert. Das sind falsche Anforderungen, wie die Prof. Dr. Gisela Mohr vom Institut für Psychologie II der Universität Leipzig in dem Resümee schreibt. Denn dadurch könnte erst eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt werden.

Schädigung des Selbstwertgefühls

Laut der Studienergebnisse werden Hartz IV Bezieher häufig von ihrem Sachbearbeiter dazu aufgefordert, eine möglichst hohe Stückzahl an Bewerbungen vorzulegen. Das müssen viele Betroffene auch dann tun, wenn eigentlich die Bewerbungschancen als sehr gering einzuschätzen sind. Hieraus resultieren kontinuierliche Negativerlebnisse, die im Nachgang das Selbstwertgefühl massiv schädigen. Nach Ansicht der Wissenschaftler beginnt hierdurch ein Teufelskreis. Durch die emotionalen Demütigungen werden die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Aufnahme einer Arbeitstätigkeit quasi ruiniert.

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