Immer mehr Witwen und Witwer erhalten keine Witwenrente. Grund dafรผr ist ihr anrechenbares Einkommen.
Die Zahl der Betroffenen, die keine Hinterbliebenenrente ihres verstorbenen Ehepartners erhalten, ist zwischen 1992 und 2022 um das 23fache auf รผber 106.000 gestiegen.
Warum gibt es keine Witwenrente?
Erwerbseinkommen wird auf die Witwenrente angerechnet. Da immer mehr verwitwete Frauen erwerbstรคtig sind und im Vergleich zu frรผheren Jahrzehnten ein hรถheres Einkommen erzielen, erhalten immer mehr Witwen keine Witwenrente. Der Rentenanspruch bleibt jedoch bestehen.
Wer bekommt Witwenrente?
Anspruch auf Witwenrente haben Personen, deren verstorbener Partner oder Partnerin mindestens fรผnf Jahre in die Rentenkasse eingezahlt, bereits eine Rente bezogen oder die Wartezeit vorzeitig erfรผllt hat.
Auรerdem mรผssen die Hinterbliebenen mit dem verstorbenen Partner oder der verstorbenen Partnerin verheiratet gewesen sein und die Ehe muss mindestens ein Jahr gedauert haben. Keine Witwenrente gibt es fรผr Geschiedene, fรผr Verlobte und fรผr Ehen, die fรผr ungรผltig erklรคrt wurden.
Das Sterbevierteljahr
In den ersten drei Kalendermonaten nach dem Tod des Partners / der Partnerin bekommen die Hinterbliebenen ein Sterbegeld. Sie erhalten also die Witwenrente in dieser Zeit in voller Hรถhe der Versichertenrente. Das eigene Einkommen der Hinterbliebenen wird fรผr diese Monate nicht angerechnet.
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Die kleine Witwenrente
Fรผr die Witwenrente ist entscheidend, welchen Anspruch auf Rente der / die Verstorbene zum Zeitpunkt des Todes gehabt hรคtte. Die kleine Witwenrente umfasst 25 Prozent davon.
Sie gilt fรผr Hinterbliebene bis zu 46 Jahren, die weder ein Kind groรziehen noch im Erwerb gemindert sind. Starb der Partner / die Partnerin vor dem 65. Lebensjahr, ist ein Abschlag zu erwarten. Nach der alten Regelung der Witwenrente erhalten Sie die kleine Witwenrente zeitlich unbegrenzt – nach der neuen Regelung nur zwei Jahre.
Die groรe Witwenrente
Die groรe Witwen- oder Witwerrente bekommt, wer รคlter ist als 47 Jahre, im Erwerb gemindert ist, ein eigenes Kind oder eins des Verstorbenen erzieht. Bei einem Kind mit Behinderungen oder einem Kind, das nicht selbst fรผr sich sorgen kann, gilt die groรe Witwenrente auch รผber das 18. Lebensjahr hinaus.
Die Hรถhe der groรen Witwenrente liegt bei 55 Prozent der Rente, die der oder die Verstorbene zur Zeit seines Todes bezog oder hรคtte erwarten kรถnnen. Wenn Sie vor 2002 heirateten und beide Ehepartner / innen vor dem 2. Januar 1962 zur Welt kamen, gilt die alte Regel. Die Witwenrente betrรคgt dann 60 Prozent – und nicht 55.
Das Einkommen wird auf die Witwenrente angerechnet
Einkรผnfte werden auf die Hinterbliebenenrente angerechnet. Es gibt dabei einen Freibetrag, vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2024 lag dieser bei 992,64 Euro Netto. Das รผbrige Nettoeinkommen wird mit 40 Prozent auf die Rente angerechnet, Einnahmen durch Miete mit 25 Prozent
Seit dem 1. Juli 2024 betrรคgt der Freibetrag bei der Hinterbliebenenrente 1.038,05 Euro. ย Der aktuelle Rentenwert wurde von 37,60 Euro auf 39,32 Euro angehoben. Dieser Freibetrag erhรถht sich fรผr jedes waisenberechtigtes Kind um 220,19 Euro (bisher 210,56 Euro).
Was gilt als Einkommen?
Als Einkommen werden bei Witwenrenten folgende Einkรผnfte angerechnet: Erwerbseinkommen durch Arbeit, Erwerbsersatzeinkommen wie eigene Rente wegen Alter oder Erwerbsminderung, Vermรถgenseinkommen und Elterngeld.
Als Erwerbseinkommen zรคhlen alle Arbeitsentgelte fรผr Beschรคftigungen, bei Selbststรคndigen der Gewinn. Kurzfristige Erwerbsersatzeinkommen sind zum Beispiel Arbeitslosengeld, Krankengeld, รbergangsgeld oder Verletztengeld. Erwerbsersatzeinkommen darf nur dann als Einkommen des oder der Hinterbliebenen gewertet werden, wenn diese es aus einem eigenen Versicherungsverhรคltnis beziehen.
Seit 2022 wird auch Vermรถgen bei Hinterbliebenen als Einkommen gezรคhlt: Zinseinnahmen, Vermietung, Verpachtung, Kapitaleinkรผnfte und private Geschรคfte. Seit 2007 wird auch Elterngeld eingerechnet, obwohl es sich um eine steuerfreie Leistung handelt.
Steuerlicher Verlustvortrag bei Witweneinkommen ist nicht zu berรผcksichtigen
BSG, Urteil vom 22.02.2024 – B 5 R 3/23 R –
Ein von der Finanzverwaltung anerkannter Verlustvortrag bleibt bei der Bestimmung des auf eine Witwenrente anzurechnenden Arbeitseinkommens unberรผcksichtigt.
Das Bundessozialgericht, aber auch schon die Vorinstanzen hatten entschieden, dass im Rahmen der Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten ein Verlustvortrag nach ยง 10d Absatz 2 Einkommensteuergesetz nicht einzubeziehen ist.
Es hat damit an seiner bisherigen Auffassung auch unter Geltung des zum 1. Januar 2002 eingefรผhrten ยง 18a Absatz 2a SGB IV festgehalten.
Die Vorschrift stellt sicher, dass fรผr die Einkommensanrechnung grundsรคtzlich alle Arten von Arbeitseinkommen berรผcksichtigt werden.
Denn das Auรer-Acht-Lassen eines steuerlichen Verlustvortrags entspricht schlieรlich dem Sinn und Zweck der Hinterbliebenenversorgung.
Die Hinterbliebenversorgung dient als Ersatz des Unterhalts, der aufgrund des Todes des Versicherten nicht mehr geleistet wird.
Eigenes Einkommen des Hinterbliebenen wird in einem bestimmten Umfang angerechnet, weil der Hinterbliebene sich dadurch ganz oder zumindest teilweise selbst unterhalten kann.
Abzustellen ist dabei immer auf das verfรผgbare Einkommen.
Auch wenn ein Hinterbliebener berechtigt ist, seine Einkommensteuerpflicht im Veranlagungszeitraum zu mindern, indem er negative Einkรผnfte aus im Einzelfall weit zurรผckliegenden frรผheren Veranlagungszeitrรคumen in Abzug bringt, sagt nichts รผber seine aktuelle wirtschaftliche Leistungsfรคhigkeit aus.