Neue Hartz IV Regeln in der Corona-Krise

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Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht neue Weisungen an die Jobcenter

Weisungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) geben die Arbeit der Jobcenter vor. Allerdings halten sich nicht alle Sozialbehörden an diese Vorgaben. Sogenannte Optionskommunen agieren oft nach eigenen Regeln.

Die Weisungen der BA haben im Alltag für Hartz IV Beziehende weitreichende Folgen. Denn sie geben den Jobcentern die Arbeitsweisen vor. Dabei orientieren sich die Weisungen an den aktuellen Gesetzesregelungen.

Sozialschutzpaket der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat das sogenannte Sozialschutz-Paket verabschiedet. Im Zeichen der Corona-Krise werden viele Menschen Hartz IV beantragen müssen. Zahlreiche Betroffene sind zum ersten Mal mit Hartz IV konfrontiert. Über eine Million Neuanträge werden aufgrund der miserablen wirtschaftlichen Situation von Niedriglöhnern und Selbstständigen sowie Freiberuflern erwartet.

In der neuen Weisung der BA finden sich nunmehr neue Regelungen für Neuanträge und Weiterbewilligungen von Hartz IV Bezügen. Zusätzlich finden sich Weisungen zur Meldepflicht, zu den Sanktionen und der Höhe der Leistungen.

Da derzeit alle Jobcenter für den Publikumsverkehr geschlossen sind, sollen die Hilfen schnell und zunächst unbürokratisch gewährleistet werden. Auch die Anträge sollen vereinfacht werden.

Keine Meldetermine in den Jobcentern

Laut Weisungen sollen die Leistungsträger keine Meldeaufforderungen verschicken. Vereinzelt wird berichtet, dass Telefontermine vereinbart werden. Hierzu lässt sich jedoch nichts in den Weisungen finden. Bisher vereinbarte Termine werden ohne Rechtsfolgen abgesagt.

Kein Hartz IV-Corona-Zuschlag

In der aktuellen Weisung wird auch ein Artikel der Gegen-Hartz.de Redaktion zitiert (ohne und als Quelle anzugeben). Wir hatten u.a. dazu aufgefordert, einen Corona-Zuschlag zu beantragen. Auch unterstützen wir eine aktuelle Petition, die einen Zuschlag fordert. Nicht nur wir, sondern auch die Kirchen, Sozialverbände und die Linkspartei fordern einen solchen, notwendigen Zuschlag.

Dieser wird klipp und klar durch die BA abgelehnt. Die Bundesregierung hat es bislang versäumt, einen solchen Zuschlag zu gewährleisten. Demnach wird sich die Höhe des Regelsatzes nicht verändern. Solche Anträge sollen von den Jobcentern abgelehnt werden. Nach Auffassung der BA seien die Regelleistungen “auskömmlich”. In Härtefällen will man allerdings ein Darlehen von 100 EUR anbieten. Diese werden allerdings von der nächstfolgenden Zahlung wieder abgezogen. Ein Sozialgericht hat einen Eilantrag abgelehnt.

Unbürokratische Hartz IV Anträge

Wesentlich geändert wurde die Verfahrensweise bei Neuanträgen. Anträge auf Hartz IV sollen ohne persönliche Vorsprache bewilligt werden. Ein Hartz IV Antrag kann demnach per Telefon, Email oder postalisch erfolgen. Die beantragten Leistungen werden rückwirkend auf den ersten Tag im Monat der Antragstellung bewilligt, sofern ein Anspruch bereits zum ersten des Monat entstanden ist.

Vorerst keine Vermögensprüfung bei Hartz IV Anträgen

Es wird auf eine Vermögensprüfung zunächst verzichtet. Vor der Corona-Krise mussten Antragsteller eine Bedürftigkeit aufwendig nachweisen. Diese Regelung gilt zunächst vom 1. März bis zum 30. Juni 2020. Es ist aber Fakt, dass eine Vermögensprüfung im Anschluss stattfindet. Bestand keine oder weniger Bedürftigkeit im Sinne des SGB II, so entstehen Rückzahlungsforderungen. Bei unberechtigter Antragstellung kann auch eine Betrugsanzeige folgen. Das wird in den Weisungen zwar nicht explizit erwähnt, ist aber weiterhin Bestandteil der Gesetzgebungen.

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Bei Neuanträgen keine Angemessenheitsprüfung der Wohnung

Die Kosten der Unterkunft spielen zunächst keine Rolle. Diese müssen eigentlich im Sinne des SGB II “angemessen” sein. Demnach werden zunächst die Mietkosten in voller Höhe gezahlt.

Hartz IV Gewährung auch ohne ausreichende Einkommensangaben

Können Antragsteller keine oder nur unzureichende Angaben über ihr Einkommen machen, soll dies nicht die Antragstellung und Leistungsgewährung behindern. Die Leistungen werden dann allerdings nicht für ein Jahr, sondern lediglich für sechs Monate bewilligt. Die Leistungsbezieher sind allerdings dazu verpflichtet, jede Einkommensveränderung zu melden.

Keine Weiterbewilligungsanträge bei Hartz IV erforderlich

Für Leistungsbezieher, die bereits vor der Corona-Krise Hartz-IV-Leistungen bezogen haben und deren Bewilligungszeitraum zwischen März und Juni 2020 endet, verlängert sich auch ohne den üblichen Weiterbewilligungsantrag der Bewilligungszeitraum um zwölf Monate. Ein Weiterbewilliungsantrag ist demnach nicht notwendig. Allerdings muss auch hier eine Meldung erfolgen, wenn sich die Einkommenssituation sind verändert.

Kurzarbeit schließt Hartz IV nicht aus

Wer Kurzarbeit bezieht, kann im Grundsatz auch Hartz IV Leistungen beantragen, um den Lebensunterhalt für sich und die Familie zu sichern. Kurzarbeitergeld wird von der Agentur für Arbeit an den Arbeitgeber ausgezahlt, der dann das Geld an den betroffenen Mitarbeiter überweist. Demnach ist das Kurzarbeitergeld als Einkommen zu berechnen. Reicht das Kurzarbeitergeld nicht aus, um das Existenzminimum zu sichern, kann mit Hartz IV aufgestockt werden.

Soforthilfen für Selbstständige werden nicht bei Hartz IV angerechnet

Soforthilfen an Selbstständige sind laut Weisung zweckgebunden und nicht zur Deckung des Lebensunterhaltes gedacht, da sie ausbleibende Zahlungen z.B. für Ladenmieten etc. verwendet werden. Diese Zahlungen sind demnach nicht als Einkommen zu werten. Bedeutet: Soforthilfen werden nicht an den Hartz IV Bezug angerechnet. Soforthilfen für Selbstständige verhindert demnach nicht den Hartz IV Bezug, sofern ein Anspruch besteht.

Weisungen gelten nicht für Optionskommunen

Die Weisungen gelten für Jobcenter in gemeinsamer Trägerschaft der Kommunen mit der Bundesagentur für Arbeit. Optionskommunen sind nicht an den Weisungen gebunden. Zwar orientieren sich die Optionskommunen an den Weisungen, es gibt aber Berichte darüber, das einige Jobcenter, die Optionskommunen sind, beispielsweise weiterhin eine Vermögensprüfung vornehmen. Im Großen und Ganzen erzeugen die Weisungen auch für diese Leistungsträger eine “Signalwirkung”. (Weisungen der BA im Original=

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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