Sozialgericht gegen Hartz IV-Zuschlag für Notvorrat an Lebensmitteln

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SG Konstanz: Für teurer gewordene Nudeln gibt es Alternativen

Eine beabsichtigte Notbevorratung mit Lebensmitteln, Klopapier, Desinfektionsmitteln und Schutzmasken wegen der bestehenden Corona-Pandemie ist kein Grund für höhere Hartz-IV-Leistungen. Auch wenn wegen Hamsterkäufe bestimmte Produkte in den Geschäften schwerer zu bekommen oder teurer geworden sind, rechtfertigt dies keinen Mehrbedarf, entschied das Sozialgericht Konstanz in einem am Freitag, 3. April 2020, veröffentlichten Beschluss vom Vortag (Az.: S 1 AS 560/20 ER).

Sozialgericht sieht Alternativen

Hartz-IV-Bezieher könnten grundsätzlich auf Alternativ-Produkte ausweichen, so die Konstanzer Richter, die damit die Anträge eines Arbeitslosen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und auf Prozesskostenhilfe ablehnten.

Keine günstigen Lebensmittel

Der Antragsteller ist zusammen mit seiner Ehefrau seit Jahren auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Wegen der bestehenden Corona-Pandemie beantragte er bei seinem Jobcenter höheres Arbeitslosengeld II für eine beabsichtigte Notbevorratung. Hamsterkäufe würden dazu führen, dass gerade billige Grundnahrungsmittel und notwendige Produkte des täglichen Bedarfs wie Reis, Nudeln, Klopapier und Konserven häufig ausverkauft oder viel zu teuer seien.

So habe er früher für eine Packung Nudeln 0,45 Euro bezahlt und wegen der gestiegenen Preise zuletzt 2,70 Euro. Preise für eine Salatgurke in Höhe von 2,40 Euro oder einem Euro für eine Orange seien nicht mehr zu bezahlen. Auch wegen notwendiger Schutzmasken und -kleidung bestehe ein Mehrbedarf, den das Jobcenter ausgleichen müsse.

Häuslichen Quarantäne für 14 Tage

Komme es zu einer „häuslichen Quarantäne”, bei der man gar nicht mehr heraus dürfe, sei ein Notvorrat erforderlich. So rate das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, einen Notvorrat an Lebensmitteln und Getränken für 14 Tage anzulegen. Er sei zudem Aussiedler und habe in Deutschland keine Angehörigen oder Freunde in der Nähe, die im Notfall für ihn einkaufen könnten.

Sozialgericht und Jobcenter lehnten Antrag ab

Doch sowohl das Jobcenter als auch das Sozialgericht lehnten die Zahlung eines höheren Arbeitslosengeldes II für eine Notbevorratung ab. Zwar gebe es die behördliche Empfehlung, sich einen Notvorrat für 14 Tage anzulegen. Hartz-IV-Beziehern sei es aber zuzumuten, diesen aus den regulären Leistungen zeitlich gestaffelt aufzubauen, so das Sozialgericht.

Ausgangsbeschränkungen hindern nicht einzukaufen

Die bestehenden Ausgangsbeschränkungen hinderten den Antragsteller nicht daran, Einkaufen zu gehen. Bei teurer gewordenen Produkten könne er auf Alternativ-Produkte ausweichen. Die Versorgung der Bevölkerung sei weiter gesichert. Die gewünschten Schutzmasken und -kleidung seien im Einzelhandel dagegen sowieso nicht erhältlich.

Sparen durch Quarantäne

Dass der Hartz-IV-Bezieher demnächst in „häusliche Quarantäne” müsse, sei auch nicht ersichtlich. Außerdem fielen mit der Corona-Pandemie und den Ausgangsbeschränkungen einige im Regelbedarf enthaltene Kosten nicht mehr an, wie etwa Kino- und Gaststättenbesuche. Aus der Ersparnis könnten dann auch teurere Produkte bezahlt werden. fle/mwo