Ein Blick hinter die Kulissen der Grundrente zeigt: Mehr als die Hรคlfte der Berechtigten geht trotz Anspruch leer aus.
Die Grundrente galt als Meilenstein in der sozialen Absicherung langjรคhrig Versicherter. Aktuelle Zahlen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zeigen ein Problem: Von den insgesamt 2,4 Millionen Rentnern, die nach Angaben der Rentenversicherung eigentlich Anspruch auf eine Erhรถhung ihrer Rente hรคtten, geht mehr als die Hรคlfte – rund 1,3 Millionen – leer aus. Ursache hierfรผr ist die Einkommensanrechnung nach ยง 97a SGB VI, die als eine Art “Mogelpackung Grundrente” bezeichnet werden kann.
Mit der Grundrente sollten Rentner, die jahrzehntelang in die Rentenversicherung eingezahlt haben, angemessen unterstรผtzt und Altersarmut verhindert werden.
Die Realitรคt sieht jedoch anders aus: Die Einkommensanrechnung, die fรผr die Berechnung des Grundrentenzuschlags herangezogen wird, stellt sich fรผr viele als Stolperstein dar.
Die Hรคlfte der Anspruchsberechtigten gehen leer aus
Nach aktuellen Zahlen der DRV erhielten Ende 2022 rund 1,1 Millionen Rentnerinnen und Rentner einen Zuschlag von durchschnittlich 86 Euro. Ein Betrag, der zwar eine gewisse Entlastung bringen kann, aber bei weitem nicht die ursprรผnglich erhoffte Unterstรผtzung darstellt.
Das eigentliche Problem liegt darin, dass die Einkommensanrechnung dazu fรผhrt, dass mehr als die Hรคlfte der berechtigten Rentner trotz anerkannten Anspruchs auf den Zuschlag zur Grundsicherung im Alter leer ausgeht.
Besonders gravierend ist die Situation fรผr diejenigen Rentner, die mehrere Jahre auf die Auszahlung des Zuschlags zur Grundrente warten mรผssen. Die Anrechnung von Einkommen aus dem Vorjahr kann dazu fรผhren, dass der Zuschlag zur Grundrente nicht gezahlt wird, da dieses Einkommen hรคufig รผber den festgelegten Freibetrรคgen liegt.
Die Grundrente kommt oft nicht denjenigen zugute, die sie am dringendsten benรถtigen.
Ein weiterer Punkt ist die Einbeziehung des Einkommens von Ehegatten und Lebenspartnern in die Einkommensanrechnung. Dies steht im Widerspruch zur Struktur anderer Rentenleistungen wie Altersrente, EM-Rente oder Hinterbliebenenrente. Hier findet eine solche Einkommensanrechnung nicht statt, was die Frage aufwirft, warum die Grundrente hier eine Ausnahme bildet.
Die Sozialgerichte sind gefragt
Die vertrackte Situation hat inzwischen auch die sozialpolitischen Akteure auf den Plan gerufen. Die deutschen Sozialgerichte werden die Herausforderung haben, die Einkommensanrechnung rechtlich zu hinterfragen und mรถglicherweise fรผr eine gerechtere Umsetzung zu sorgen.
Insgesamt zeigt sich, dass die Grundrente trotz ihrer ursprรผnglichen Intention, รคlteren Menschen einen finanziellen Ausgleich fรผr ihre langjรคhrige Arbeit zu bieten, mit Schwierigkeiten behaftet ist.
Die Tatsache, dass mehr als eine Million anspruchsberechtigter Rentner leer ausgehen, offenbart eine Diskrepanz zwischen den Zielen der Grundrente und ihrer tatsรคchlichen Umsetzung.
“Die Politik und die Verantwortlichen in der Rentenversicherung sollten diesem Problem mit geeigneten Lรถsungen begegnen und so fรผr eine gerechtere und transparentere Grundrente sorgen”, so Sebastian Bertram von “Gegen-Hartz.de”.
Denn gerade diejenigen, die ihr Leben lang fรผr die Gesellschaft gearbeitet haben, “verdienen eine finanzielle Absicherung im Alter, die nicht durch undurchsichtige Anrechnungsregeln gefรคhrdet werden darf”.
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pรคdagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprรคvention und im Reha-Sport fรผr Menschen mit Schwerbehinderungen tรคtig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprรคvention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.