Kinderzuschlag statt Bürgergeld: Falschergebnisse des KiZ-Lotsen der Arbeitsagentur

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Der “KiZ-Lotse” der Agentur für Arbeit ist als interaktives Instrument zur Ermittlung des Anspruchs auf Kinderzuschlag. Die Idee hinter diesem Tool ist zweifellos gut, die Umsetzung ließ in der Vergangenheit jedoch zu wünschen übrig. Vor allem mangelnde Präzision und aktuelle Gesetzesänderungen reduzieren seine Wirksamkeit. Darauf weist der Sozialrechtsexperte Bernd Eckhardt von “Sozialrecht Justament” hin.

Welche Fehler treten auf?

Im Mittelpunkt des “KiZ-Lotsen” steht die Ermittlung des Anspruchs auf Kinderzuschlag, der einkommensschwache Familien unterstützen soll. Dabei habe es in der Vergangenheit jedoch Schwierigkeiten gegeben.

Das Tool fragt zwar nach dem Einkommen, es fehlt aber die Klarstellung, dass hier das Durchschnittseinkommen der letzten sechs Monate vor Antragstellung gemeint ist. Diese Information versteckt sich hinter einem Hilfelink, der von den meisten Nutzer/innen bei der Frage nach dem Brutto- und Nettoeinkommen nicht angeklickt wird.

Ein weiteres Manko betrifft die fehlende Hinweis auf den behördlichen Wohngeldrechner, dessen Ergebnisse eng mit dem Anspruch auf Kinderzuschlag verknüpft sind. Dies führte dazu, dass potenzielle Antragssteller die Möglichkeit auf Unterstützung verpassen könnten, wenn sie ihren Anspruch auf Kinderzuschlag von einem eventuellen Wohngeldanspruch abhängig machen.

Falsche Anrechnung von Erwerbseinkommen

Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Änderungen im SGB II seit Juli 2023 gerichtet werden. Die Anrechnung von Erwerbseinkommen hat sich verändert, insbesondere für Auszubildende unter 25 Jahren. Hier wurde ein hoher Freibetrag von 520 Euro eingeführt, der auch auf Ausbildungsvergütungen angewendet werden muss. Dies führte zu einer neuen Berechnung des Kinderzuschlags, die der »KiZ-Lotse« jedoch nicht berücksichtigt.

Ein konkretes Beispiel verdeutlicht das Problem: Eine alleinerziehende Person mit zwei volljährigen Kindern, die Kindergeld bezieht und Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Hier zeigte der “KiZ-Lotse” schon bisher ungenaue Ergebnisse und die Neuregelung ab Juli 2023 führte zu noch größeren Abweichungen.

Die Auswirkungen der neuen Anrechnungsregelungen auf den Anspruch wurden nicht korrekt dargestellt, was zu Fehlschlüssen und Antragsverzicht führen kann.

Der gravierendste Fehler ist, dass die Neuregelung der Anrechnung von Erwerbseinkommen bei Auszubildenden unter 25 Jahren nicht berücksichtigt wird. Dies führt dazu, dass Anträge nicht gestellt werden, obwohl ein Leistungsanspruch besteht.

Rückwirkenden Anspruch durchsetzen

Stellt sich im Nachhinein heraus, dass aufgrund der fehlerhaften Berechnungen des KiZ-Lotsen ein Antrag auf Kinderzuschlag nicht gestellt wurde, obwohl ein Anspruch bestand, ist nach Ansicht des Sozialrechtsexperten eine rückwirkende Geltendmachung möglich. Die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs bei einem Schaden, der durch eine fehlerhafte Beratung einer Behörde entstanden ist, kann auf eine fehlerhafte Auskunft (§ 13 SGB II) ausgedehnt werden.

Wird ein Antrag aufgrund einer fehlerhaften Beratung durch den KiZ-Lotsen nicht gestellt, kann er rückwirkend gestellt werden, so Eckhardt.

Eine solche rückwirkende Antragstellung wird sicherlich nicht einfach durchzusetzen sein. Wenn dann auch noch Wohngeld rückwirkend beantragt werden soll, wird es noch komplizierter. “Einfacher ist es, den KiZ-Lotsen nicht zu nutzen”, so der Experte.

In jedem Fall sollte der KiZ-Lotse zeitnah überarbeitet werden, da er grundsätzlich ein gutes Instrument zur Berechnung des Anspruchs auf Kinderzuschlag ist. Darum sollte sich die Arbeitsagentur schnellstmöglich kümmern!