Kurzer Hartz IV-Bezug ohne Hausverkauf

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Kurzer Hartz-IV-Bezug kann Hausverkauf entgegenstehen
BSG: Besondere Härte begründet Hartz IV als Zuschuss

31.08.2017

Sind Hartz-IV-Bezieher voraussichtlich nur für kurze Zeit im Hilfebezug, kann von ihnen nicht ohne Weiteres der Verkauf ihres Eigenheims zur Sicherung ihres Lebensunterhalts verlangt werden. Denn dies kann eine besondere Härte darstellen, so dass das Jobcenter Hilfeleistungen nicht nur als Darlehen, sondern als Zuschuss gewähren muss, urteilte am Mittwoch, 30. August 2017, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 14 AS 30/16 R). Für die Feststellung der besonderen Härte sei es nicht erforderlich, dass der Hilfebedürftige „ganz überwiegend wahrscheinlich“ nur für kurze Zeit auf Arbeitslosengeld II angewiesen ist, so die obersten Sozialrichter.

Damit bekam ein Lagerist aus dem Kreis Herford recht. Nach einem Arbeitsunfall bezog der Mann über mehrere Jahre zunächst Krankengeld und dann Arbeitslosengeld I. Als auch dieses auslief, beantragte der noch ungekündigte Kläger Hartz-IV-Leistungen. Zu diesem Zeitpunkt war unklar, ob der Mann wieder in Lohn und Brot bei seinem Arbeitgeber kommen konnte. Bei seinem Arbeitgeber stand eine Arbeitserprobung auf einem neu geschaffenen Arbeitsplatz in Aussicht.

Das Jobcenter gewährte zwar am 1. August 2013 Hilfeleistungen, allerdings nur als Darlehen. Grund: Der Mann verfüge mit seinem 110 Quadratmeter großen Eigenheim über zu verwertendes Vermögen. Er könne das Haus für mindestens 77.000 Euro verkaufen. Angemessen sei für einen Alleinstehenden lediglich ein bis zu 90 Quadratmeter großes Eigenheim.

Der Kläger hielt das für eine unzumutbare Härte. Er werde doch voraussichtlich aus dem Hartz-IV-Bezug bald wieder herausfallen. Derzeit werde geprüft, ob er trotz seiner unfallbedingten Einschränkungen auf einen anderen Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber wieder arbeiten könne. In solch einem Fall müsse ihm bis dahin Hartz IV als Zuschuss und nicht als Darlehen gewährt werden.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen sah noch keinen Fall einer „besonderen Härte“, damit das Jobcenter einen Zuschuss gewähren muss. Es müsste ganz überwiegend wahrscheinlich sein, dass der Kläger tatsächlich nur kurze Zeit Hartz IV beanspruchen und er ins Berufsleben zeitnah wieder integriert werde. Dies sei hier aber nicht nachgewiesen.

Das BSG urteilte jedoch, dass es eine besondere Härte darstellen würde, wenn der Kläger sein Haus verkaufen müsste. Das Jobcenter sei daher verpflichtet, Hartz IV als Zuschuss zu gewähren. Die voraussichtlich kurze Dauer des Leistungsbezugs könne durchaus dazu führen, dass der Verkauf eines Hauses als unzumutbar einzustufen ist.

Denn zum Zeitpunkt der Hartz-IV-Antragstellung bestand die „ernste Möglichkeit“, dass der in ungekündigter Stellung befindliche Kläger an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann. Für diese kurze Zeit müsse das Jobcenter mit Hartz IV als Zuschuss einspringen. Eine ganz überwiegende Wahrscheinlichkeit auf Wiedereingliederung in Arbeit sei – wie vom LSG verlangt – keine Voraussetzung für eine besondere Härte.

Im konkreten Fall wurde der Kläger eineinhalb Monate nach seiner Hartz-IV-Antragstellung tatsächlich an seinem Arbeitsplatz wieder eingegliedert. fle/mwo/fle