Kinderzuschlag: Kein Anspruch auf Kinderzuschlag, wenn kein Mitglied der BG Leistungsberechtigter nach SGB II

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Kein Anspruch auf Kinderzuschlag, wenn kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungsberechtigter nach § 7 Abs. 1 SGB II ist

1. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II steht wegen des Bezugs von Asylbewerberleistungen der Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft mit einer nach dem SGB II leistungsberechtigten Person nicht entgegen (sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft).

2. Ist ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft wegen der grundsätzlichen Bezugsberechtigung nach dem AsylbLG nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II, ist § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II einschränkend dahin auszulegen, dass als Gesamtbedarf zur Ermittlung der Hilfebedürftigkeit (§ 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG) nur der Bedarf der leistungsberechtigten Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzusehen ist (BSG, Urteil 06.10.2011, B 14 AS 171/10 R) – ( Leitsatz Gericht)

So entschieden vom LSG Baden- Württemberg mit Urteil vom 07.08.2023 – L 12 BK 775/22 – Revision zugelassen

Begründung:

Ein Anspruch des Klägers (hier der Vater) auf Kinderzuschlag aus, weil durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II nicht vermieden worden wäre und damit die weitere Anspruchsvoraussetzung des § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG nicht erfüllt sind.

Ein Anspruch auf Kinderzuschlag nach § 6a BKGG ist nach der Rechtsprechung des BSG dann nicht begründet, wenn kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungsberechtigter nach § 7 Abs. 1 SGB II ist ( BSG, Beschluss vom 15.06.2015, B 4 KG 7/14 B – )

Die Tochter als Leistungsberechtigte nach § 7 Abs. 1 SGB II bildete aber zusammen mit dem Vater und dessen Ehefrau nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II und den 4 weiteren Kindern des Klägers und seiner Ehefrau eine – gemischte – Bedarfsgemeinschaft.

Entfällt ein Anteil des Gesamtbedarfs auf ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, das diesen Anspruch wegen des grundsätzlichen Ausschlusses aus dem Leistungssystem des SGB II nicht realisieren kann, bzw., wie hier, sogar auf mehrere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, ist die Deckung des nach dem SGB II bestehenden Gesamtbedarfs nicht mehr gewährleistet

Wenn ein ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft wegen der Bezugsberechtigung nach dem AsylbLG nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II ist, ist § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II deshalb einschränkend dahingehend auszulegen, dass als Gesamtbedarf nur der Bedarf der leistungsberechtigten Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzusehen ist (BSG, Urteil 06.10.2011 – B 14 AS 171/1 – ).

Diesem Gesamtbedarf ist das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft gegenüberzustellen, das sich nach Abzug des eigenen Bedarfs des nicht hilfebedürftigen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft ergibt.

Die Kernaussage dieser Berechnungsweise lässt sich wie folgt darlegen

Ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, das von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist, nimmt nicht an der Bedarfsermittlung teil. Dennoch ist sein Einkommen einzusetzen, wobei hiervon jedoch ein Freibetrag in Höhe seines fiktiven SGB II-Bedarfs abzusetzen ist.

Hier deckt das einzusetzende, den Eigenbedarf übersteigende Einkommen des Vaters in jedem Monat den Bedarf der Tochter, weshalb diese mangels Hilfebedürftigkeit keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat und somit für die gesamte Bedarfsgemeinschaft kein Anspruch auf Kinderzuschlag gegeben ist.

Fazit:

Ein Anspruch auf Kinderzuschlag nach § 6a BKGG ist dann nicht begründet, wenn kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungsberechtigter nach § 7 Abs. 1 SGB II ist.

Anmerkung Sozialrechtsexperte Detlef Brock

Die Vorinstanz hatte den Anspruch auf Kinderzuschlag aufgrund der Leistungsberechtigung der Tochter nach dem SGB II bejaht.

Das LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 19.06.2018 -L 9 BK 4717/15 – Hilfebedürftigkeit sowohl der bezugsberechtigten Person wie auch der mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder gefordert.

Soweit ersichtlich existiert bis heute keine obergerichtliche Rechtsprechung zu diesem Thema.

Das BSG wird entscheiden müssen, ob im Hinblick auf die Besonderheiten der hier vorliegenden gemischten Bedarfsgemeinschaft mit mehreren Mitgliedern, die ihren Bedarf nicht selbst decken können und vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen sind, ein Anspruch auf Kinderzuschlag besteht oder nicht.