Das Jobcenter muss einem Bürgergeld-Bezieher die Kosten einer Arbeitsbrille bezahlen. Rechtsgrundlage ist dafür das Vermittlungsbudget.
Wer nicht richtig gucken kann, kann auch nicht arbeiten, und schon gar nicht als Bürokraft. So das Sozialgericht Berlin zur Kostenübernahme für eine Arbeitsbrille für einen Grundsicherungsempfänger nach dem SGB II.
Das Sozialgericht Berlin hat das Jobcenter Berlin zur Übernahme von Kosten zur Anschaffung einer Brille in Höhe von 602 EUR verurteilt. Als Anspruchsgrundlage wurde das Vermittlungsbudget nach § 16 Abs. 1 SGB II iVm § 44 Abs. 1 SGB III genannt
Denn nur mit ausreichender Sehhilfenversorgung kann eine Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erreicht werden ( SG Berlin, Gerichtsbescheid vom 28.08.2019 – S 114 AS 1147/17 ).
Das Jobcenter war der Meinung, dass diese Kosten mit dem Regelsatz abgegolten sein – Irrtum
Das Gericht argumentierte wie folgt
Grundsätzlich ist einem Leistungsbezieher jede Arbeit zumutbar
Nach § 2 SGB ll ist der Antragsteller verpflichtet, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen, insbesondere durch Aufnahme einer entgeltlichen Beschäftigung.
Nach § 10 Abs. 1 SGB II sei dem Bezieher von Sozialleistungen grundsätzlich jede Arbeit zumutbar.
Die Anschaffung der Brille war nach Auffassung der Kammer auch notwendig
Denn Angesichts der mehr als geringfügigen Einschränkung der Sehfähigkeit für die Ferne, die eine Versorgung mit Brillengläsern der in der augenäztlichen Verordnung genannten erfordert, kann eine ausreichende Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur durch eine entsprechende Sehhilfenversorgung erreicht werden.
Leistungen aus dem Vermittlungsbudget stehen im Ermessen des Jobcenters
Vorliegend war dieses Ermessen aber – auf Null reduziert, weil es nicht dem Zweck der Ermächtigung zur Ermessensausübung entspräche, wenn das Jobcenter die für eine dauerhafte Eingliederung in das Erwerbsleben notwendige Sehhilfenversorgung ablehnen würde.
Auch der Höhe nach ist die Klageforderung angemessen, denn der Kläger hat eine preiswerte Versorgung vorgenommen.
Hinweis vom Experten für Sozialrecht Detlef Brock
Das Jobcenter muss auch die Kosten übernehmen für eine Fernbrille im Rahmen des Vermittlungsbudgets, wenn der Erwerbslose eine Arbeitsaufnahme im Bürobereich beabsichtigt ( SG Frankfurt am Main, vom 22.03.2016 – S 19 AS 1417/13 – ).