Jobcenter muss Jugendweihe für Bürgergeld-Bezieher zahlen

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Bürgergeldempfänger müssen Kosten an einer Jugendweihefeier nicht aus dem Regelsatz bezahlen. Denn Kosten für die Teilnahme an einer Jugendweihefeier muss das Jobcenter grundsätzlich übernehmen.

Die Jugendweihefeier ist eine vergleichbare kulturelle Aktivität im Sinne von § 28 Abs. 7 SGB II, sodass grundsätzlich Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zu gewähren sind.

Grundsicherung für Arbeitsuchende/ Bürgergeld – Bildung und Teilhabe – Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft
Die Jugendweihe ist eine vergleichbare angeleitete Aktivität der kulturellen Bildung nach § 28 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 SGB II ( so aktuell das veröffentlichte Urteil im – Volltext des LSG Erfurt, rechtskräftig ).

Aktivität der kulturellen Bildung – Teilnahme an einer Jugendweihefeier

Bei vorläufigen Bewilligungen mit einem üblichen Bewilligungszeitraum von lediglich sechs Monaten ist für die Bewilligung von Teilhabeleistungen am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft der Regelbewilligungszeitraum von einem Jahr in den Blick zu nehmen.

Höhe der übernahmefähigen Kosten

Kosten, die über dem Pauschalbetrag für sechs Monate liegen, sind in diesem Fall vom Bürgergeldträger/ JobCenter zu tragen, wenn sie den Pauschalbetrag für ein Jahr nicht übersteigen.

Fehlende Inanspruchnahme einer Ermäßigung

Macht der Empfänger von Leistungen von Bürgergeld von der Möglichkeit ermäßigter Teilnahmekosten an der Jugendweihefeier für SGB 2 – Empfänger keinen Gebrauch, so hat er für die dadurch entstehenden Kosten selbst aufzukommen.

Hinweis:

Nach dem Urteil ist die Jugendweihefeier eine vergleichbare kulturelle Aktivität im Sinne von § 28 Abs. 7 SGB II, sodass grundsätzlich Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zu gewähren sind.

Dies gilt allerdings nur für die vom Veranstalter verlangten Teilnahmekosten selbst, nicht für sonstige Aufwendungen (Kleidung, Bewirtungsspesen o. ä.).

Praxistipp zu § 28 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 SGB II

Kosten einer Vereinsfahrt für Kinder von Bürgergeldempfängern muss das Jobcenter bei Ermessensreduzierung auf Null übernehmen

SG Berlin Urteil vom 21.08.2020 – S 179 AS 7523/19 – (nicht veröffentlicht) – bestätigt durch LSG BB, Urt. v. 21.03.2024 – L 3 AS 1305/20 –

Die für eine mehrtägige Trainingsfahrt im Rahmen des Breitensports entstehenden Übernachtungs- und Verpflegungskosten stellen neben den monatlichen Vereinsbeiträgen weitere nach § 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II berücksichtigungsfähige tatsächliche Aufwendungen dar, welche die Jobcenter für Bürgergeldbezieher übernehmen müssen.

Wissenswertes zum Bürgergeldempfänger

Aus der Praxis ist uns bekannt, dass Jobcenter gerne die Kosten für Vereinsfahrten bzw. Trainingscamp abgelehnt haben bzw. ein Darlehen angeboten haben.

Auch wenn der Einzelfall ausschlaggebend ist, sollten dies Ablehnungen angegriffen werden durch Widerspruch oder Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X. Denn Bildungs- und Teilhabeangebote müssen für die Bedürftigen auch tatsächlich ohne weitere Kosten erreichbar sein.

Lesen Sie auch: Bürgergeld: Die Kosten einer Vereinsfahrt muss das Jobcenter übernehmen

Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung eines eigenständigen Anspruchs auf BUT-Leistungen und dem angestrebten Ziel der Integration aller Kinder in Gemeinschaftsveranstaltungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Ausschluss der Kostenübernahme für Aufwendungen für eine Trainingsfahrt gewollt war.

Vielmehr wollte der Gesetzgeber umfassend die materielle Basis für Chancengerechtigkeit sicherstellen (vgl. zu Schulausflügen: BSG, Urteil vom 08. März 2023 – B 7 AS 9/22 R – ).

Das Urteil gilt nicht nur für Trainingsfahrten oder Vereinsfahrten bzw. Trainingscamp von Fußballverein, sondern für den Breitensport ( Fußball, Handball, Basketball, Schwimmen, Radsport usw.)!

Hinweis

Aufgrund des BSG, Urteil vom 08. März 2023 – B 7 AS 9/22 R – dürfte es zum jetzigen Zeitpunkt viel einfacher sein, dass Jobcenter zur Kostenübernahme zu verpflichten. Auch die nunmehr – aktuelle offene Formulierung in § 28 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 gibt Hoffnung, so das jeder Betroffene hier unbedingt einen Antrag stellen sollte, wenn es um Vereinsfahrten für Clubs, Trainingscamps usw. geht!!!