Nutzen die Jobcenter die aktuelle Corona-Pandemie dazu aus, Beistände abzulehnen? Ja, denn wir bekommen vielfach Hinweise, dass die Behörden Hartz IV Beziehern einen Beistand mit Hinweis auf eine Infektionsgefahr verhindern wollen. Doch weder die aktuellen Hygienebestimmungen noch die Gesetzeslage verhindern einen Beistand. Betroffene sollten sich jedoch nicht abwimmeln lassen und auf die aktuelle Gesetzeslage hinweisen. Wir geben Hilfestellungen.
Inhaltsverzeichnis
Beistand ist Hilfe und Zeuge
Wer kennt das nicht? Der einsame Gang zum Jobcenter ist nicht selten begleitet von Maßnahmen, Sanktionen, Hilfevereitelung, etc. Bestenfalls droht Langeweile, schlimmstenfalls die Einstellung der Hartz IV-Leistung. Es ist daher immer wichtig einen Beistand dabei zu haben und auch der Gesetzgeber gibt einem Recht! Das Sozialgesetzbuch X sagte nämlich eindeutig: „Ein Beteiligter kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen.“ § 13 Abs. 4 SGB X: Bevollmächtigte und Beistände.
Auch mehrere Beistände möglich
Dabei bezieht sich der Ausdruck „ein Beistand“ nicht auf die Anzahl von Personen, die begleiten (Prof. Dr. Wannagat, Präsident des Bundessozialgerichts a.D. (Hrsg.), Sozialgesetzbuch, Kommentar zum Recht des Sozialgesetzbuchs , 100. Ergänzungslieferung, S. 4 bzw. 8. Dies ist der derzeit einzige diesbezügliche Kommentar). Denn manch mal ist es sehr sinnvoll mehr als eine Person mitzunehmen. Vor allem, wenn man wiederholt zu zweit nichts erreicht. Die KEAs geben gerne Auskunft, wie man sich in solchen Fällen verhält.
Jeder kann Beistand leisten
Grundsätzlich kann jeder Beistand leisten. Man sollte jedoch Verwandte und Familienangehörige nur im Notfall bemühen, da sie geringere Beweiskraft besitzen und auch oft emotional zu sehr eingebunden sind. Gefühle sollte höchstens gegenüber dem Hartz IV-Betroffenen geäußert werden und nicht gegenüber einem Sachbearbeiter.
Immer vorbereiten
Der Beistand muss sich vor dem Termin vorbereiten. „Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht.“ (SGB X, § 13 Absatz 4) Jeder bereitet sich auf seine Weise vor. Das ist Geschmacksache. Manche Beistände suchen sich Gesetzesgrundlagen und Erfahrungsberichte aus Erwerbslosenforen z.B. Elo-Forum , Tacheles, Hartz IV Forum etc. Es gibt auch gute und übersichtliche Bücher die helfen z.B. der Leitfaden Alg II/Sozialhilfe oder einfach der eigene Erfahrungsschatz („Fingerspitzengefühl“). Deshalb sollte man vor dem Termin genau absprechen, welches Ziel erreicht werden soll (z.B. Abwendung von Sanktionen oder 1 Euro Job, Barzahlung, Antragsabgabe , etc.).
Vorher informieren
Auch Teilziele (wie ein realistischer Abschlag) oder der eigene Verhandlungsspielraum sollten vorher besprochen werden. Erfahrungsgemäß ist die Lektüre von Gesetzen meist nur bei sehr komplexen Fällen notwendig. Aber man sollte sich seiner Rechtslage inhaltlich sicher sein. Hier helfen die KEAS gerne weiter. Während der Beistand nur bei Abwesenheit des Betroffenen eine Vollmacht benötigt, muss die Arge den Beistand schriftlich zurückweisen (SGBX, § 13 Absatz 7). Manchmal versuchen Jobcenter-Mitarbeiter den Betroffenen vom Beistand zu isolieren.
Immer Protokoll führen
Ratsam ist es auch beim Jobcenter-Besuch ein Protokoll zuführen. Schnell werden Details entscheidend, wenn es um beisielsweise die Auszahlung der ALG II-Leistung geht. Aber Tonaufnahmen sind strafbar!
Nicht abwimmeln lassen
Ganz wichtig ist es, sich während des Termins nicht abwimmeln zulassen, sondern sachlich Recht fordern! Dabei ist Recht manchmal Verhandlungssache. Deshalb ist Vorbereitung so wichtig. Wenn man beim Sachbearbeiter auf taube Ohren stößt, zur Beschwerde- stelle gehen oder nach dem Teamleiter fragen. Falls der nicht selbst kommt, zu ihm gehen (Namen und Zimmernummer erfragen!) Wenn man hier nichts erreicht, den Standortleiter erfragen.
Nichts sofort unterschreiben – immer Bedenkzeit fordern
Grundsätzlich sollte man beim Jobcenter-Besuch nichts sofort unterschreiben, sondern immer um Bedenkzeit bitten. Betroffene befinden sich in Vertragsverhandlungen, vergleichbar mit dem Abschluss eines Miet- oder Arbeitsvertrages. Die einzige Ausnahme bildet dabei die Quittung bei Barauszahlung.
Immer Kopie verlangen
Sollten Schriftstücke unterschrieben werden, solltet man immer um eine eigene Kopie bitten. Möchte man ein Schriftstück abgegeben, immer um eine unterschriebene Eingangsbestätigung bitten. Am Besten geht man dafür zu den jeweiligen Poststellen der Jobcenter.
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