Jobcenter dürfen bei einem zusammengezogenen unverheirateten Paar beim Antrag auf Bürgergeld nicht automatisch davon ausgehen, dass dieses füreinander einsteht. Auch wenn die Partner gemeinsam den Mietvertrag für ihre Wohnung unterschrieben haben und sie Lebensmittel und andere Haushaltsgegenstände sowie alltägliche Zahlungsgeschäfte „nach persönlichen Sphären“ nicht strikt trennen, ist dies noch kein Beleg für eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft, stellte das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) in einem am Donnerstag, 6. November 2025, veröffentlichten Beschluss in Schleswig klar (Az.:L 3 AS 163/25 B ER). Die mindernde Anrechnung des Partnereinkommens auf das Bürgergeld sei deshalb noch nicht möglich.
Was war der Anlass der Klage?
Im Streitfall war der unverheiratete Antragsteller mit seiner Partnerin in eine gemeinsame Wohnung gezogen. Als er beim Jobcenter Bürgergeld ohne Anrechnung des Einkommens seiner Partnerin beantragt hatte, gewährte ihm die Behörde die Hilfeleistung nur vorläufig. Sie rechnete zudem das Einkommen aus der Erwerbstätigkeit der Partnerin und ihren Rentenbezug mindernd an.
Den dagegen gerichteten Antrag des Mannes auf einstweiligen Rechtsschutz, ihm Bürgergeld ohne Anrechnung der Einkünfte seiner Partnerin zu gewähren, lehnte das Sozialgericht Lübeck noch ab. Denn das Paar bilde mit dem Zusammenwohnen eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft.
Zwar gehe das Gesetz von der Vermutung aus, dass ein wechselseitiger Wille, füreinander einzustehen, erst vorliegt, wenn die Partner länger als ein Jahr zusammenleben. Dieses „Probejahr“ sei auch noch nicht abgelaufen.
Für eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft spreche aber, dass das Paar gemeinsam den Mietvertrag unterschrieben hat. Lebensmittel und Hygieneprodukte oder die Benutzung von Kraftfahrzeugen würden auch nicht strikt getrennt. Es gebe zudem wechselseitige Zahlungen im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Wohnen.
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Bescheid prüfenLSG Schleswig klärt Anrechnung von Partnereinkommen beim Bürgergeld
Das LSG entschied in seinem Beschluss vom 29. Oktober 2025, dass dem unverheirateten Antragsteller vorläufig Bürgergeld ohne Anrechnung des Einkommens seiner Partnerin zusteht.
Leben Personen in einer Bedarfsgemeinschaft, seien Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Dies sei bei Eheleuten grundsätzlich der Fall.
Bei unverheirateten Paaren könne ebenfalls von einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft vorliegen, selbst wenn das gesetzliche „Probejahr“ noch nicht abgelaufen ist. Allein das Bestreiten der Partner schließe eine solche Gemeinschaft nicht aus. Bei Partnern, die kürzer als ein Jahr zusammenleben, könnten allerdings nur „gewichtige Umstände die Annahme einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft begründen“.
Gemeinsamer Mietvertrag ändert daran nichts
Diese seien hier nicht vom Jobcenter nachgewiesen. Dass ein Mietvertrag gemeinsam unterschrieben werde, sei durchaus üblich – etwa in Wohngemeinschaften. Auch eine strikte Trennung von Lebensmitteln und Haushaltsgegenständen sei beim Zusammenleben eher ungewöhnlich. Zwar spreche die Art des Zusammenlebens dafür, dass der Antragsteller mit seiner Partnerin zu einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft heranwächst.
„Gleichwohl befinden sie sich noch in der Anfangs- und Erprobungsphase des Zusammenlebens als Paar“, befand das LSG. Das Einkommen der Partnerin sei daher beim Bürgergeld vorläufig nicht zu berücksichtigen. fle




