„Mit dem Streichen sind se fix – für die Menschen tun sie nichts!“
21.02.2013
Das Jobcenter Essen streicht (Mehrbedarf-) Hartz IV Leistungen einer schwangere Alleinerziehende und Kind vollständig „von jetzt auf gleich“ auf Null. Statt dessen soll der zukünftige Vater zahlen – ohne Ermittlung der Leistungsfähigkeit und Leistungspflicht.
Eine studierende Mutter, die mit ihrem achtjährigen Sohn zusammen lebt und auf Leistungen des Jobcenters Essen für den Sohn angewiesen ist, gab gegenüber der Behörde an, dass sie schwanger sei, da sie den Mehrbedarf für werdende Mütter und die Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt erhalten wollte. Doch anstatt der ihr zustehenden Leistungen verfügte das Jobcenter kurzer Hand am 29. Januar 13 die vollständige vorläufige Leistungseinstellung ab Februar, sodass die Mutter zunächst am Bankautomaten feststellen musste, dass die Existenzsicherung fehlt und erst Tage später die „Begründung“ hierfür schriftlich erhielt.
Auf ihre persönliche Vorsprache beim Jobcenter wurde ihr am Empfang keine Hilfe angeboten, einen Termin beim Sachbearbeiter gab es nicht. Der Sachbearbeiter dachte sich wohl: „Bei Schwangerschaft muss es ja einen Vater geben und dieser hat wohl möglich Unterhaltspflichten.“ Dass diese Unterhaltspflicht erst mal nur gegenüber dem ungeborenen Kind besteht und der werdenden Mutter, nicht jedoch gegenüber dem achtjährigen Sohn und dass es auch auf die Leistungsfähigkeit des Vaters ankommt, ist hierbei unberücksichtigt geblieben. Durch ein gerichtliches Eilverfahren ließ sich zum Glück schnell Abhilfe schaffen.
Es bleibt festzuhalten, dass bei einigen Mitarbeitern des Jobcenters offenbar die Einstellung besteht, im Zweifel zunächst zum schärfsten Mittel zu greifen und die Leistungen einzustellen, obwohl es sich bei Schwangeren eigentlich um eine Personengruppe handelt, die einen besonderen Fürsorgeanspruch haben und diese Frauen wohl in dieser Situation andere Gedanken haben sollten, als sich um den Wegfall ihrer Existenzgrundlage Sorgen machen zu müssen. Positiv zu vermerken ist jedoch auch, dass sowohl das Sozialgericht als auch die Rechtsstelle des Jobcenters innerhalb einer Woche veranlasst haben, dass die Leistung nachgezahlt wird. Es bleibt zu hoffen, dass durch die Dienstaufsicht, die in diesem Fall ausdrücklich angerufen wurde, klarstellen wird, dass mit existenziellen Leistungen sorgsamer umzugehen ist und vor solch gravierenden Einschnitten auch die Teamleitung zu fragen ist. Dadurch hätte dieses Problem möglicherweise erst gar nicht entstehen müssen. (Rechtsanwalt Jan Häußler)
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Bild: Templermeister / pixelio.de
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