FDP fordert Hartz IV-Boni fürs Frieren und offenbart Unkenntnis

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Die Gaspreise werden sich nach Angaben von Experten in diesem Jahr verdreifachen. Die FDP schlägt nun vor, dass Hartz IV Beziehende einen Bonus erhalten sollten, wenn sie den Gasverbrauch reduzieren. Diese Forderung offenbart allerdings eine gewisse Unkenntnis über die Sozialgesetzgebungen.

Die FDP, die gegen eine Regelsatzerhöhung ist und zudem Förderungsmaßnahmen bei Hartz IV einsparen will, schlägt nunmehr vor, durch einen Bonus Leistungsbeziehende zu animieren, Gasheizkosten zu sparen.

Boni für Einsparungen bei den Heizkosten

“Die deutlich gestiegenen Preise sind für viele Menschen der wichtigste Anreiz, um Gas einzusparen”, sagte der FDP-Fraktionsvizevorsitzende Lukas Köhler dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). “Wer jedoch Arbeitslosengeld II bezieht, hat diesen Anreiz nicht, da die Kosten in der Regel vollständig vom Jobcenter übernommen werden”, argumentiert der Politiker.

Aus diesem Grund wolle man Hartz IV Beziehende eingesparte Heizkosten zum Teil auszahlen. Wer weniger Gas verbraucht, würde dann einen Großteil der dadurch eingesparten Heizkosten ausgezahlt bekommen. 80 Prozent der eingesparten Kosten könnten es beispielsweise sein, sagt Köhler. “Somit würde sich sparsames Heizen nicht nur beim Gasverbrauch, sondern auch unmittelbar auf dem Konto der ALG II-Empfänger bemerkbar machen.”

Unkenntnis über die Gesetzeslage

Die FDP zeigt allerdings damit, dass sie kaum Kenntnis über die Übernahme der Unkunftskosten im SGB II hat. Fakt ist, dass Heizkosten zwar zusätzlich zu den Regelleistungen übernommen werden, allerdings auch nur im “angemessenen Rahmen”. Das bedeutet, die Heizkosten müssen den ortsüblichen Durchschnittswerten entsprechen.

Die Bundesagentur für Arbeit gab zwar Entwarnung, dass die Heizkosten auch in diesem Jahr trotz Preissteigerungen vollumfänglich übernommen werden, wies allerdings gleichzeitig auf die Angemessenheitsregelung hin.

Das bedeutet daher keineswegs, dass Leistungsbeziehende einfach den Heizregler hoch drehen können. Denn wenn die Abschlagszahlungen nicht ausreichen und eine Nachzahlung fällig wird, gibt es immer wieder Ärger mit den Jobcentern, die dann oft nur ein Darlehen gewähren, das dann vom Regelsatz abgezahlt werden muss.

Es ist zudem davon auszugehen, dass aufgrund der steigenden Heizkosten alle Menschen bei den Heizkosten sparen werden, so dass die regionalen Durchschnittswerte automatisch sinken werden.

“Demnach müssten Leistungsbeziehende die Heizung im Winter faktisch auf Null setzen, damit sie in den Genuss eines Bonis kommen”, kritisiert Sebastian Bertram von der Redaktion “Gegen-Hartz.de”. Das würde bedeuten, dass die Menschen frieren müssten, um einen Boni zu erhalten.

Zusätzlich offenbart die Partei ein Menschenbild, dass mit der Realität nicht übereinstimmt. Hartz IV Bezieher, die angeblich einfach den Heizregler aufschieben und sich keine Gedanken über die Heizkosten machen.

Zu niedrige Pauschale trotz gestiegener Strompreise

Indess müssen die gestiegenen Strompreise weiterhin aus den Regelleistungen beglichen werden. Seit Jahren wenden die Jobcenter die selbe Regelsatz-Stromkostenpauschale an. Bei einem Single-Haushalt sind das gerade einmal 36 Euro je Monat. Das deckt allerdings nicht im geringsten den hohen Strompreis.

Ein durchschnittlicher Haushalt zahlt nämlich derzeit 2.027 Euro im Jahr für Strom (5.000 kWh). Zum Vergleich: Im Vorjahresmonat Juni 2021 waren es noch 1.514 Euro. Das entspricht einer Steigerung von rund 34 Prozent.

Gleichzeitig aber wehrt sich die FDP gegen Regelsatzerhöhungen und plant stattdessen Einsparungen bei den Integrationsmaßnahmen, die selbst von den Jobcentern stark kritisert werden.

Wirtschaftsforscher fordert Erhöhungen der Sozialleistungen

Stattdessen fordert der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher eine umgehende Anhebung der Sozialleistungen. Denn die steigenden Energiekosten verursachen auch Teuerungsraten bei den Grundnahrungsmitteln.

Im Gespräch mit der “Rheinischen Post” wies er daraufhin, dass die Gaspreise sich nahezu “verdreifachen” werden. Die Sozialleistungen müssten daher auf 100 Euro pro Person dauerhaft erhöht werden.

Eine ähnliche Summe sollten auch Haushalte mit einem Einkommen von weniger als 40.000 Euro erhalten, so Fratzner. Zusätzlich müsste der Gaspreis für geringe und mittlere Einkommen für 80 Prozent des Grundverbrauchs gedeckelt werden.