Bürgergeld und Versicherungen: Das zahlt jetzt das Jobcenter

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Welche Versicherungen werden für Bürgergeld-Bezieher vom Jobcenter übernommen und welche müssen selbst getragen werden?  Wie kann angespartes Vermögen geschützt werden? Diese und weitere Fragen beantworten wir in diesem Artikel.

Inhaltsverzeichnis

Welche Versicherungen sind anrechenbar?

Bürgergeld-Empfänger haben Anspruch auf eine Pauschale für bestimmte private Versicherungen. Diese Versicherungen müssen als angemessen anerkannt werden, um berücksichtigt zu werden.

Zu den anerkannten und als angemessen geltenden Versicherungen zählen die private Haftpflichtversicherung und die Hausratversicherung.

Beispiel 1: Private Haftpflichtversicherung

Die private Haftpflichtversicherung deckt Schäden ab, die der Versicherte Dritten zufügt.

Wenn zum Beispiel ein Bürgergeld-Bezieher versehentlich eine teure Vase bei einem Freund zerstört, übernimmt die Haftpflichtversicherung die Kosten.

Da solche Unfälle schnell teuer werden können, gilt die Haftpflichtversicherung als angemessen und notwendig.

Beispiel 2: Hausratversicherung

Die Hausratversicherung schützt das Inventar des Haushalts gegen Risiken wie Feuer, Einbruchdiebstahl, Leitungswasser, Sturm und Hagel. Angenommen, die Wohnung eines Bürgergeld-Empfängers wird durch einen Brand beschädigt.

Die Hausratversicherung würde dann die Kosten für den Ersatz von Möbeln, Elektrogeräten und Kleidung übernehmen.

Da sie vor erheblichen finanziellen Verlusten schützt, ist auch diese Versicherung als angemessen anerkannt.

Die monatliche Pauschale für angemessene Versicherungen beträgt für Volljährige 30 € und ist im Grundfreibetrag enthalten. Höhere Beträge werden nicht berücksichtigt, selbst wenn konkrete Nachweise vorgelegt werden.

Anspruch auf Zahlung von Versicherungsbeiträgen

Bürgergeld-Empfänger sind automatisch Mitglieder in den gesetzlichen Sozialversicherungen. Dazu gehören:

  • Gesetzliche Krankenversicherung
  • Gesetzliche Pflegeversicherung
  • Gesetzliche Rentenversicherung
  • Gesetzliche Unfallversicherung

Diese Sozialversicherungen sind Pflichtversicherungen und werden vollständig vom Jobcenter getragen.

Beispiel 3: Gesetzliche Krankenversicherung

Ein Bürgergeld-Empfänger, der vorher bei der AOK gesetzlich krankenversichert war, bleibt auch während des Bezugs von Bürgergeld in dieser Krankenkasse versichert. Alle anfallenden Beiträge werden vom Jobcenter übernommen, sodass der Versicherte weiterhin Anspruch auf medizinische Leistungen hat.

Verwertbares und nicht verwertbares Vermögen: Welche Versicherungen sind nicht anrechenbar?

Neben der Hausrat- und Haftpflichtversicherung müssen Bürgergeld-Empfänger die Beitragszahlungen für alle anderen privaten Versicherungen selbst tragen.

Kapitalbildende Versicherungen, wie Lebens- und private Rentenversicherungen, können als verwertbares Vermögen betrachtet werden, wenn sie vor Rentenbeginn oder vor dem Vertragsablauf kündbar sind.

Beispiel 4: Lebensversicherung

Eine kapitalbildende Lebensversicherung, die vor dem Rentenbeginn kündbar ist, muss unter Umständen vor dem Bezug von Bürgergeld gekündigt werden.

Wenn der Rückkaufswert dieser Versicherung 20.000 Euro beträgt und der Freibetrag überschritten wird, kann das Jobcenter verlangen, dass der Bürgergeld-Empfänger die Versicherung kündigt und den Betrag zur Bestreitung des Lebensunterhalts nutzt.

Vermögensanrechnung beim Bürgergeld

Das Bürgergeld wird nur dann gewährt, wenn Sie Ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können. Hierzu zählen neben dem Einkommen auch Vermögenswerte.

Seit dem 1. Januar 2023 gilt beim Bürgergeld eine zwölfmonatige Schonfrist für Vermögen. Das bedeutet, dass Ihr Vermögen nur berücksichtigt wird, wenn es einen erheblichen Wert überschreitet.

Als erheblich gilt das Vermögen, wenn es für die Antragstellerin oder den Antragsteller 40.000 Euro übersteigt. Dieser Betrag erhöht sich um 15.000 Euro für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft.

Eigengenutztes Wohneigentum wie ein Haus oder eine Eigentumswohnung wird bei der Ermittlung des erheblichen Vermögens nicht mit einbezogen.

Zum Vermögen zählen alle Vermögensgegenstände, die für den Lebensunterhalt verwendet werden können, einschließlich:

  • Bargeld
  • Bankguthaben
  • Aktien
  • Bausparverträge
  • Schenkungen der letzten 10 Jahre
  • Lebensversicherungen
  • Immobilien
  • Schmuck
  • Autos

Nicht berücksichtigt werden bei der Berechnung des Leistungsanspruchs unter anderem:

  • ein angemessener Hausrat
  • ein angemessenes Fahrzeug für jede erwerbsfähige Person in der Bedarfsgemeinschaft
  • Vermögenswerte zur Altersvorsorge, sofern Sie oder Ihr Partner von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit sind.

Beispiel 5: Schonvermögen bei einer vierköpfigen Familie

Eine vierköpfige Familie, bestehend aus zwei Eltern und zwei Kindern, hat ein Schonvermögen von insgesamt 85.000 Euro (40.000 Euro für den Hauptantragsteller und jeweils 15.000 Euro für die weiteren drei Familienmitglieder).

Diese Summe bleibt unangetastet, solange der Bürgergeld-Bezug innerhalb der ersten 12 Monate liegt.

Was passiert mit meinen Versicherungsbeiträgen, wenn mein Bürgergeld-Bezug vorübergehend gesperrt ist?

Bei einer Sperrung des Bürgergeld-Bezugs entfallen auch die Zahlungen für Miete und Heizung sowie die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung.

In solchen Fällen muss sich der Betroffene selbst versichern, es sei denn, es werden weiterhin Sachleistungen (wie Lebensmittelgutscheine) gewährt.

Beispiel 6: Vorübergehende Sperrung des Bürgergelds

Ein Bürgergeld-Empfänger verpasst mehrere Termine beim Jobcenter und wird daraufhin sanktioniert.

Während der Sanktion wird der Regelsatz ausgesetzt und auch die Mietzahlungen entfallen. In dieser Zeit muss der Betroffene die Krankenversicherungsbeiträge selbst übernehmen, sofern keine Sachleistungen gewährt werden.

Wer zahlt die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung?

Bei Arbeitslosigkeit übernimmt das Jobcenter die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Bürgergeld-Empfänger bleiben in der Regel in ihrer bisherigen Krankenkasse versichert.

Ein Wechsel ist nur nötig, wenn vorher keine Mitgliedschaft in einer Krankenversicherung bestand.

Beispiel 7: Fortführung der Krankenversicherung

Eine Bürgergeld-Empfängerin war vor ihrer Arbeitslosigkeit bei der Techniker Krankenkasse (TK) versichert. Während des Bürgergeld-Bezugs bleibt sie weiterhin Mitglied der TK, und das Jobcenter übernimmt die Beiträge in voller Höhe.

Wer zahlt die Beiträge zur privaten Krankenversicherung?

Privatversicherte Bürgergeld-Empfänger können unter bestimmten Voraussetzungen in ihrer privaten Krankenversicherung bleiben.

Dazu müssen sie entweder in den letzten fünf Jahren ununterbrochen privat versichert gewesen sein oder das 55. Lebensjahr vollendet haben.

Das Jobcenter zahlt in solchen Fällen einen Zuschuss zum Basistarif der privaten Krankenversicherung.

Beispiel 8: Zuschuss zur privaten Krankenversicherung

Ein Bürgergeld-Empfänger, der seit 10 Jahren bei der Allianz privat krankenversichert ist, bleibt auch während des Bezugs von Bürgergeld in seiner privaten Krankenversicherung.

Das Jobcenter zahlt ihm einen Zuschuss, der sich am Basistarif orientiert. Wenn der Basistarif 300 Euro monatlich beträgt, übernimmt das Jobcenter 150 Euro.

Sonderfall: Aufstocker

Aufstocker, die zusätzlich zum Bürgergeld arbeiten, sind sozialversicherungspflichtig und zahlen ihre Beiträge gemeinsam mit dem Arbeitgeber. Sie sind somit nicht über das Jobcenter krankenversichert.

Beispiel 9: Aufstocker mit Teilzeitjob

Ein Bürgergeld-Empfänger arbeitet in Teilzeit und verdient monatlich 800 Euro. Da sein Einkommen nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt vollständig zu decken, erhält er zusätzlich Bürgergeld.

Die Krankenversicherungsbeiträge zahlt er gemeinsam mit seinem Arbeitgeber, nicht das Jobcenter.

Wer übernimmt die Kosten für zusätzliche Behandlungen wie Zahnersatz?

Kosten für zusätzliche medizinische Behandlungen, wie Zahnersatz, werden nicht vom Jobcenter übernommen, sondern sind Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung.

In Härtefällen kann jedoch ein doppelter Festzuschuss oder eine vollständige Kostenübernahme beantragt werden.

Beispiel 10: Härtefallregelung beim Zahnersatz

Eine Bürgergeld-Empfängerin benötigt dringend Zahnersatz. Aufgrund ihrer geringen Einnahmen wird ihr ein Härtefall attestiert.

Die Krankenkasse übernimmt daher die gesamten Kosten für den Zahnersatz, nachdem die Differenz zwischen ihrem Einkommen und der Unzumutbarkeitsgrenze multipliziert wurde und die Berechnung ergibt, dass sie die Kosten nicht selbst tragen kann.

Die Rentenversicherung

Bürgergeld-Empfänger erwerben seit 2011 keine neuen Rentenanwartschaften mehr. Die Zeit des Leistungsbezugs wird jedoch als Anrechnungszeit berücksichtigt.

Beispiel 11: Anrechnungszeit in der Rentenversicherung

Ein Bürgergeld-Empfänger, der 12 Monate lang Leistungen bezieht, hat diese Zeit als Anrechnungszeit für die Rentenversicherung.

Obwohl keine neuen Anwartschaften entstehen, wird diese Zeit später bei der Rentenberechnung berücksichtigt.

Bürgergeld: Was passiert mit meiner privaten Rentenversicherung?

Private Rentenversicherungen können unter bestimmten Bedingungen geschützt werden. Altersvorsorgeprodukte wie betriebliche Altersvorsorge, Riester-Rente und Rürup-Rente sind nicht anrechenbar, ebenso wie Rentenversicherungen mit einem Verwertungsausschluss bis zum Rentenalter.

Beispiel 12: Geschützte private Rentenversicherung

Ein Bürgergeld-Empfänger hat eine Riester-Rente abgeschlossen. Diese bleibt auch während des Bürgergeld-Bezugs unberührt, da sie als nicht verwertbares Vermögen gilt.

Der Empfänger kann weiterhin für diese Rente sparen und erhält sogar die staatliche Zulage, sofern er mindestens 60 Euro jährlich einzahlt.

Wie kann ich meine private Rentenversicherung “Bürgergeld-sicher” machen?

Eine private Rentenversicherung kann durch hohe Freibeträge und einen Verwertungsausschluss bis zum Rentenalter vor der Verwertung geschützt werden. Dieser Ausschluss kann auch nachträglich vereinbart werden.

Beispiel 13: Nachträglicher Verwertungsausschluss

Ein Bürgergeld-Empfänger, der eine kapitalbildende Lebensversicherung besitzt, vereinbart nachträglich einen Verwertungsausschluss bis zum Rentenalter.

Damit stellt er sicher, dass die Versicherung nicht gekündigt und verwertet werden muss, bevor er Bürgergeld-Leistungen erhält.

Bürgergeld: Gibt es Freibeträge auf die private Rentenversicherung?

Ja, es gibt Freibeträge, die eine Verwertung der privaten Rentenversicherung verhindern. Diese Freibeträge sind abhängig vom Lebensalter und betragen 150 € pro Lebensjahr plus einen zusätzlichen Freibetrag von 750 € pro Lebensjahr für private Altersvorsorge.

Es gibt Höchstgrenzen, die nicht überschritten werden dürfen.

Beispiel 14: Freibeträge bei einer privaten Rentenversicherung

Ein 50-jähriger Bürgergeld-Empfänger hat eine private Rentenversicherung.

Der Grundfreibetrag beträgt 150 € x 50 = 7.500 €, und der zusätzliche Freibetrag für die Altersvorsorge beträgt 750 € x 50 = 37.500 €. Somit hat er insgesamt einen Freibetrag von 45.000 €, der nicht verwertet werden muss.

Die Lebensversicherung

Kapitalbildende Lebensversicherungen müssen in der Regel gekündigt und verwertet werden, wenn der Rückkaufswert über den Freibeträgen liegt. Ein Verwertungsausschluss kann hier ebenfalls Schutz bieten.

Beispiel 15: Kündigung einer Lebensversicherung

Ein Bürgergeld-Empfänger hat eine kapitalbildende Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 25.000 Euro. Der Freibetrag liegt bei 15.000 Euro, somit muss er die Differenz von 10.000 Euro verwerten, bevor er Bürgergeld-Leistungen erhält.