Die geplante Einführung der Kindergrundsicherung stößt bei den Personalräten der Jobcenter auf große Bedenken. Sie warnen eindringlich vor den Auswirkungen der geplanten Bürgergeldreform und sehen alle angestrebten Ziele verfehlt. Bereits vor einigen Wochen hatte sich der Deutsche Landkreistag sehr skeptisch geäußert.
Brandbrief der Jobcenter
Die Kindergrundsicherung soll nach dem Willen der Bundesregierung bestehende Leistungen wie Bürgergeld, Kindergeld und Kinderzuschlag für Kinder zusammenfassen. Damit soll eine armutsfeste Grundsicherung für Kinder geschaffen werden. In einem Brandbrief an Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), der unserer Redaktion vorliegt, wird ungewöhnlich offen vor einer drohenden “sozialpolitischen und verwaltungsökonomischen Katastrophe” gewarnt.
Die Personalräte, die als gewählte Vertreter der Jobcenter-Mitarbeiter/innen fungieren, befürchten, dass die Kindergrundsicherung zu mehr Bürokratie und komplexeren Zuständigkeiten führen wird. Darüber hinaus sind sie der Meinung, dass diese” neue Sozialleistung keinen Beitrag zur Bekämpfung der Kinderarmut” leisten wird.
Das Familienministerium arbeitet derzeit an einem Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung, die das bisherige Kindergeld und den Kinderzuschlag für einkommensschwache Familien ersetzen soll.
Pauschalisierte Kindergrundsicherung plus Zusatzbetrag geplant
Ein Eckpunktepapier sieht vor, dass alle Kinder eine einheitliche Kindergrundsicherung erhalten, die das bisherige Kindergeld ersetzt. Zusätzlich sollen anspruchsberechtigte Kinder einen vom Alter und Einkommen der Eltern abhängigen Zusatzbetrag erhalten, der den bisherigen Kinderzuschlag ersetzt. Zuständig wären weiterhin die Familienkassen.
Mit der Einführung der Kindergrundsicherung will die Bundesregierung mehrere Probleme angehen. Zum einen soll Kinderarmut
bekämpft und vermieden werden. Zum anderen sollen anspruchsberechtigte Familien einfacher und verlässlicher als bisher finanzielle Unterstützung erhalten.
Derzeit wird der Kinderzuschlag nur auf Antrag gewährt, für den zahlreiche Nachweise erbracht werden müssen. Drittens soll der hohe bürokratische Aufwand drastisch reduziert und verschiedene Sozialleistungen zusammengeführt werden. Insbesondere sollen Kinder aus dem Bürgergeldsystem herausgenommen werden, das eigentlich für Arbeitssuchende gedacht ist und in dem sie nichts zu suchen haben.
Existenzminimum von Kindern und Jugendlichen wird mit Kindergrundsicherung nicht abgedeckt
Die Personalräte der Jobcenter warnen jedoch davor, dass all diese Ziele absehbar nicht erreicht werden können. Auch wenn die genaue Höhe der Regelsätze noch nicht feststeht, würden die vorgesehenen Beträge das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern und Jugendlichen häufig nicht abdecken.
Zudem würde die Einführung der Kindergrundsicherung nach Ansicht der Jobcenter dazu führen, dass noch mehr Kinder im Bürgergeldsystem wären und nicht weniger. Derzeit erhalten Familien entweder den Kinderzuschlag plus Wohngeld oder das Bürgergeld.
Mehr Bürokratie für antragstellende Eltern
Der Kinderzuschlag wird nur gewährt, wenn die Familien dadurch ihr Einkommen so erhöhen, dass sie nicht mehr auf das Bürgergeld und damit auf die Jobcenter angewiesen sind. Nach aktuellen Zahlen erhalten derzeit 835.000 Kinder den Kinderzuschlag, weitere 2,375 Millionen junge Erwachsene unter 25 Jahren sind im Bürgergeld-System.
Der Deutsche Städtetag warnte vor wenigen Wochen vor zusätzlichen Behördengängen und Anträgen, die auf die Eltern zukämen. Schon jetzt würden die Menschen an der Komplexität und Bürokratie verzweifeln.
Stattdessen höhere Regelleistungen für Kinder?
Stattdessen müsse das Verwaltungs- und Antragswesen schlanker und übersichtlicher gestaltet werden. So wie es jetzt geplant sei, werde es nur noch komplizierter, warnte der Präsident des Landkreistages, Reinhard Sager. Sager plädierte stattdessen dafür, zusätzliche Mittel für das Bürgergeld für bedürftige Kinder bereitzustellen und die Regelleistungen für Kinder armutsfest anzuheben. Zudem müsse der bestehende Kinderzuschlag besser beworben werden, damit die berechtigten Familien ihn auch in Anspruch nehmen, so Sager.
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