Bürgergeld: Darf die Weigerung eines Ein-Euro-Jobs sanktioniert werden?

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Obwohl umstritten, vermitteln die Jobcenter Bürgergeld-Beziehende wie bei Hartz IV in so genannte Arbeitsgelegenheiten, umgangssprachlich “Ein-Euro-Jobs” genannt. Im Internet kursieren derzeit Meldungen, wonach Bürgergeld-Beziehende nicht mit Leistungskürzungen sanktioniert werden dürfen, wenn sie einen Ein-Euro-Job ablehnen. Stimmt das?

Ein-Euro-Jobber sind für die Träger meist nur billige Arbeitskräfte

Ein-Euro-Jobs sollen den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Die Betroffenen erhalten eine Mehraufwandsentschädigung, um die durch die Tätigkeit entstehenden Kosten zu decken.

Mehrere Evaluationen haben jedoch gezeigt, dass die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt durch Ein-Euro-Jobs in den meisten Fällen nicht gelingt. Vielmehr werden die geringfügig Beschäftigten von den Trägern als billige Arbeitskräfte ausgenutzt. Nur in den wenigsten Fällen mündet ein Ein-Euro-Job in eine reguläre Beschäftigung.

Gemeinnützige Organisationen und Verbände wie die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die Caritas oder die Diakonie profitieren daher am meisten von den zusätzlichen und vor allem billigen Arbeitskräften. Häufige Einsatzgebiete für Ein-Euro-Jobber sind Kindergärten, Garten- und Landschaftspflege, kommunale Müllabfuhr sowie Kranken- und Altenpflegeeinrichtungen.

Vermittlung in Arbeitsgelegenheiten rückläufig

Auch die Bundesagentur für Arbeit musste schließlich aufgrund eigener Untersuchungen einsehen, dass Arbeitsgelegenheiten kaum dazu beitragen, Bürgergeldempfänger in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Aus diesem Grund sind die Vermittlungen in Ein-Euro-Jobs kontinuierlich zurückgegangen. Wurden im Jahr 2006 noch 836.333 Ein-Euro-Jobs vermittelt, sind es heute nur noch knapp 100.000.

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Bereits vor einigen Jahren hat das Zentrum für Europäische Wirtschaftsförderung (ZEW) im Rahmen einer Auswertung der Erwerbsverläufe von 160.000 Hartz IV-Empfängern ermittelt, dass Personen, die einen Ein-Euro-Job annehmen, nach einem Jahr seltener eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erreichen als andere Langzeitarbeitslose.

Wird die Weigerung einen Ein-Euro-Job anzumnehmen sanktioniert?

Für viele Betroffene stellt sich daher die Frage, ob sie einen Ein-Euro-Job überhaupt annehmen sollen, wenn die Chancen auf eine reguläre Beschäftigung sogar sinken.

Einige Beratungsstellen weisen darauf hin, dass die Ablehnung einer Arbeitsgelegenheit nach § 16d SGB II aufgrund des “Bürgergeldgesetzes” sanktionslos sei.

Die juristische Fachzeitschrift für Erwerbslosenberatungsstellen “Sozialrecht Justament” weist in ihrer aktuellen Ausgabe darauf hin, dass die “Streichung der ausdrücklichen Erwähnung einer Pflichtverletzung im Rahmen der Zuweisung einer Arbeitsgelegenheit nur redaktionellen Inhalt” habe. Schließlich wird in der Gesetzesbegründung ausdrücklich darauf hingewiesen.

Ein-Euro-Jobs gelten weiterhin als Maßnahme zur Eingliederung

Der Ein-Euro-Job gilt weiterhin als Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit. Wer sich also weigert, einen vom Jobcenter vermittelten Ein-Euro-Job anzunehmen, kann entsprechend sanktioniert werden. Im Gegenteil, der Gesetzgeber will bei Weigerungen sogar “besonders streng” vorgehen. Das zeigt der neue § 15 Abs. 6 SGB II, der ab Juli 2023 in Kraft treten soll:

“Die Agentur für Arbeit überprüft regelmäßig, ob die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person die im Kooperationsplan festgehaltenen Absprachen einhält. Aufforderungen hierzu erfolgen grundsätzlich mit Rechtsfolgenbelehrung, insbesondere bei Maßnahmen gemäß §§ 16, 16d ist eine Rechtsfolgenbelehrung vorzusehen.”

Die gute Nachricht ist aber, wie bereits erwähnt, dass die Vermittlung in sogenannte 1-Euro-Jobs durch die Jobcenter rückläufig ist.

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