Hartz IV-Auslaufmodell Ein-Euro-Jobs: Die BA sieht ein, die bringen einfach nichts

Verdrängung von regulärer Arbeit und Ausbeutung: Immer weniger Ein-Euro-Jobs

Immer seltener vermitteln Jobcenter sogenannte Ein-Euro-Jobs. Gab es im Jahre 2006 noch 836.333 vergebene Ein-Euro-Jobs, waren es zuletzt im Jahre 2018 nur noch 183.703 Arbeitsgelegenheiten. Das ergeht aus einer vorliegenden Auswertung der Bundesagentur für Arbeit (BA).

Zwar ist die Zahl der Langzeiterwerbslosen seit dem gesunken, allerdings steht das drastische Absinken nicht im gleichen Verhältnis. In den bereinigten Statistiken der BA waren im Jahre 2006 noch 1,9 Millionen voll erwerbsfähige Menschen im Hartz IV Bezug. Im Jahre 2018 waren es noch rund 748.000.

Versprochen wurde, dass die Ein-Euro-Jobs einen Einstieg in den regulären Arbeitsmarkt ermöglichen. Die in offizieller Sprache betitelten Arbeitsgelegenheiten sollten im öffentlichen Interesse sein und keine regulären Arbeitsplätze verdrängen. Das war allerdings vielerorts nicht so. Da Ein-Euro-Jobber nur eine Aufwandsentschädigung von minimum einen Euro erhalten, wurden sie vor allem als günstige Arbeitskräfte benutzt.

Gemeinnützige Organisationen und Verbände wie die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die Caritas und die Diakonie profitieren deshalb am stärksten von den zusätzlichen und vor allem billigen Arbeitskräften. Häufige Einsatzgebiete von Ein-Euro-Jobber sind Kindergärten, Garten- und Landschaftspflege, städtische Abfallbeseitigung sowie Kranken- und Altenpflegeeinrichtungen.

“Ein-Euro-Jobs gehören abgeschafft”

Das sieht auch Sabine Zimmermann so. Sie ist arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion und fordert die Abschaffung der Ein-Euro-Jobs und stattdessen den Ausbau regulärer Jobs: „Ein-Euro-Jobs gehören abgeschafft: Sie verdrängen und ersetzen reguläre Arbeitsplätze und werden den individuellen Bedürfnissen der Erwerbslosen nicht gerecht. Sinn und Zweck dieser Maßnahmen ist es, prekäre Beschäftigung und den Niedriglohnsektor auszuweiten.“

Dagegen verteidigt eine Sprecherin der BA die Ein-Euro-Jobs. Diese würden die „Erlangung der für die Beschäftigungsaufnahme notwendigen Leistungsfähigkeit, insbesondere der Erwerb von Schlüsselqualifikationen für den Arbeitsmarkt, die Gewöhnung an eine Tagesstruktur, pünktliches Aufstehen und kollegiales Verhalten am Arbeitsplatz“, ermöglichen. Nun wolle die BA stattdessen verstärkt auf die „Förderung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse“ setzen.

ZEW-Studie Ein-Euro-Job verbessert nicht die Chancen auf dem Arbeitsmarkt

Bereits im Jahr 2010 ermittelte das Zentrum für Europäische Wirtschaftsförderung (ZEW) im Rahmen einer Auswertung der Erwerbsverläufe von 160.000 Hartz IV-Beziehern, dass Personen, die einen Ein-Euro-Job annehmen, nach einem Jahr seltener eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erreichen als andere Langzeitarbeitslose. Demnach wirke sich der Effekt am stärksten bei Männern ohne Migrationshintergrund und am schwächsten bei Frauen mit ausländischen Wurzeln aus.

Eine mögliche Ursache für die Benachteiligung von Ein-Euro-Jobbern könnte zum einen in der Qualifikation zu finden sein, die die Betroffenen bei ihrer Tätigkeit erwerben, aber an den Anforderungen des ersten Arbeitsmarktes vorbeigehen könnte. Zum anderen könnten Ein-Euro-Jobs Langzeitarbeitslose stigmatisieren, da die Tätigkeit als Anzeichen mangelnder Beschäftigungsfähigkeit angesehen werden könnte. Zudem bemühen sich Hartz IV-Bezieher möglicherweise intensiver um eine reguläre Beschäftigung, um einen unattraktiven Ein-Euro-Job zu vermeiden.

Ausbeutung von Ein-Euro-Jobbern mit Gewinnabsichten

Ein besonders erschreckendes Beispiel der Ausbeutung von Hartz IV Beziehern die einen Ein-Euro-Job ausüben, gibt es auch bei vermeintlich sozialen Trägern. Während eine Ein-Euro-Jobberin pro Stunde einen Euro für die Betreuung von älteren Menschen erhält, muss die Seniorin acht Euro an die AWO bezahlen. Die Differenz behält die AWO. Eigentlich hätte ein neuer Arbeitsplatz geschaffen werden, doch warum, wenns auch mit Ein-Euro-Jobbern billig geht.

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