12 Wochen Arbeitslosengeld-Sperre wegen Punkten in Flensburg – Urteil

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Verliert ein Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz, weil er zu viele Punkte in Flensburg angesammelt hat und deshalb seinen Fรผhrerschein verliert, erhรคlt er eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld von insgesamt 12 Wochen.

Das Landessozialgericht Baden-Wรผrttemberg hat die Praxis der zustรคndigen Arbeitsagentur bestรคtigt und die Klage eines Betroffenen abgewiesen.

Arbeitnehmer wurde wegen Verlust der Fahrerlaubnis gekรผndigt

Im vorliegenden Fall war einem Berufskraftfahrer gekรผndigt worden. Grund war der Verlust seiner Fahrerlaubnis aufgrund von 8 Punkten im Verkehrszentralregister.

Bereits in der Vergangenheit war der Klรคger mehrfach ermahnt und verwarnt worden, da sich sein Punktestand aufgrund von VerkehrsverstรถรŸen erhรถht hatte.

Daraufhin kรผndigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhรคltnis mit der Begrรผndung, der Klรคger verfรผge nicht รผber die fรผr seine Tรคtigkeit als Berufskraftfahrer erforderliche Fahrerlaubnis.

Der Arbeitnehmer argumentierte, dass Berufskraftfahrer einer ungeschriebenen arbeitsvertraglichen Nebenpflicht unterlรคgen, die den Besitz der Fahrerlaubnis zur Geschรคftsgrundlage des Arbeitsvertrages mache.

Arbeitslosengeld-Sperre fรผr 12 Wochen

Nach der Kรผndigung beantragte der Arbeitnehmer Arbeitslosengeld und gab als Grund fรผr die Kรผndigung den Verlust der Fahrerlaubnis an. Die Arbeitsagentur verhรคngte jedoch eine Sperre des Arbeitslosengeldes.

Die Behรถrde begrรผndete dies mit einer Rechtsvorschrift die besagt, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld fรผr die Dauer einer Sperrzeit ruht, wenn das Beschรคftigungsverhรคltnis durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten gelรถst worden ist und der Arbeitnehmer durch dieses Verhalten vorsรคtzlich oder grob fahrlรคssig die Arbeitslosigkeit herbeigefรผhrt hat.

Die Sperrzeit betrug insegsamt 12 Wochen. In dieser Zeit erhielt der Klรคger kein Arbeitslosengeld.

Gegen diesen Bescheid legte der betroffene Arbeitslose Widerspruch ein und klagte schlieรŸlich vor dem Sozialgericht, nachdem der Widerspruch abgelehnt wurde.

Sozialgericht bestรคtigt arbeitsvertragswidriges Verhalten und Arbeitslosengeldsperre

Das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart (AZ: S 16 AL 1022/22) bestรคtigte jedoch die RechtmรครŸigkeit der Sperrzeit. Das Gericht fรผhrte aus, dass Berufskraftfahrer eine ungeschriebene arbeitsvertragliche Nebenpflicht haben, sich im StraรŸenverkehr einwandfrei zu verhalten.

Der Besitz der Fahrerlaubnis sei Voraussetzung fรผr die Erfรผllung der Arbeitspflichten. Der Klรคger habe jedoch gegen diese Pflicht verstoรŸen, indem er mehrere VerkehrsverstรถรŸe begangen habe, die zu einem Punkteeintrag gefรผhrt hรคtten.

Das Gericht argumentierte, der Klรคger habe erkennen kรถnnen, dass ihm bei einem weiteren VerkehrsverstoรŸ der Verlust der Fahrerlaubnis und damit des Arbeitsplatzes drohe. Da er zuvor ermahnt und verwarnt worden war, konnte er die Folgen seines Verhaltens abschรคtzen.

Gegen das Urteil des Sozialgerichts legte der Klรคger Berufung beim Landessozialgericht Baden-Wรผrttemberg ein, die jedoch zurรผckgewiesen wurde.

Das Berufungsgericht betonte in seinem Urteil (Az.: L 8 AL 1022/22) nochmals, dass der Klรคger durch sein Fehlverhalten seine Arbeitslosigkeit grob fahrlรคssig herbeigefรผhrt habe. Die Herbeifรผhrung der Arbeitslosigkeit sei fรผr die Beurteilung der Sperrzeit entscheidend.

Klรคger hatte Sorgfaltspflicht

Der Klรคger argumentierte, dass er die genauen Tilgungen und das Punktesystem nicht gekannt habe. Das Gericht hielt dies jedoch nicht fรผr entscheidend.

Selbst wenn der Klรคger nicht im Detail รผber die Rechtslage informiert gewesen wรคre, hรคtte er sich durch entsprechende Sorgfalt und Beratung vor weiteren VerkehrsverstรถรŸen schรผtzen kรถnnen.

Das Gericht betonte, dass gerade bei Berufskraftfahrern, bei denen die Fahrerlaubnis zur Geschรคftsgrundlage gehรถre, besondere Sorgfaltspflichten bestรผnden.

Grob fahrlรคssiges Verhalten

In diesem Zusammenhang stellte sich die Frage, ob das Verhalten des Klรคgers als grob fahrlรคssig einzustufen sei. Das Gericht stellte fest, dass die Unkenntnis der mรถglichen Folgen weiterer VerstรถรŸe als grob fahrlรคssig zu bewerten sei.

Der Klรคger hรคtte vorsichtiger handeln und sich der Verantwortung seines Berufs bewusst sein mรผssen.

Das Gericht bestรคtigte daher die RechtmรครŸigkeit der insgesamt 12-wรถchigen Sperre des Arbeitslosengeldes. Es begrรผndete dies mit dem grob fahrlรคssigen Verhalten des Klรคgers, das zur Herbeifรผhrung der Arbeitslosigkeit gefรผhrt habe.

Die Sperrzeit von 12 Wochen wurde aufrechterhalten, da der Klรคger durch sein Verhalten seine berufliche Situation bewusst und vorhersehbar gefรคhrdet habe.

Es geht aber auch anders – Anmerkung von Detlef Brock

Kรผndigung wegen Fรผhrerscheinentzug fรผhrt nicht zu Sperrzeit beim Arbeitslosengeld

Wird einem Berufskraftfahrer wegen einer Verkehrsstraftat die Fahrerlaubnis entzogen und kรผndigt der Arbeitgeber daraufhin das Arbeitsverhรคltnis, weil er den Mitarbeiter nicht mehr beschรคftigen kann, so war ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Ursache der Arbeitslosigkeit, weswegen grundsรคtzlich eine Sperrzeit eintreten kann.

Es fehlt aber an der groben Fahrlรคssigkeit des Mitarbeiters bezรผglich der Verursachung der Arbeitslosigkeit, wenn der Grund fรผr den Entzug der Fahrerlaubnis lediglich eine fahrlรคssige Gefรคhrdung des StraรŸenverkehrs – ohne Einfluss berauschender Mittel – war und ihm auch wegen der Umstรคnde des Einzelfalles kein leichtfertiges Verhalten vorgeworfen werden kann( LSG BW, Urteil vom 08.06.2011 – L 3 AL 1315/11 -)

Hat ein verkehrswidriges Verhalten eines Berufskraftfahrers zunรคchst den Fรผhrerscheinentzug und danach die Kรผndigung seines Arbeitsverhรคltnisses zur Folge, so fรผhrt dies nach einer Entscheidung des LSG Baden-Wรผrttemberg nur dann zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, wenn sich der Berufskraftfahrer grob verkehrswidrig verhalten hat.

Sperrzeit beim Arbeitslosengeld setzt grob fahrlรคssiges Verhalten voraus

Entscheidend fรผr eine Sperrzeit sei nicht der Verlust der Fahrerlaubnis, sondern das zu dieser MaรŸnahme fรผhrende Verhalten des Betroffenen.

Dem Fahrer sei hier kein grob fahrlรคssiges Verhalten vorzuwerfen. Es sei im StraรŸenverkehr durchaus รผblich, dass in einer Kolonne nach einem Hindernis zunรคchst das erste der nachfolgenden Fahrzeuge รผberhole und diese dann in der jeweiligen Reihenfolge nachfolgten, auch wenn dies nicht vorgeschrieben sei.

Da er die Arbeitslosigkeit nicht grob Fahrlรคssig verursacht habe, sei auch die Sperrzeit fรผr das Arbeitslosengeld nicht gerechtfertigt (LSG Baden-Wรผrttemberg, Urteil vom 08.06.2011 – L 3 AL 1315/11 – ).