Nur weil ein volljรคhriges Kind zu seinem getrennt lebenden Vater jeglichen Kontakt ablehnt, verwirkt es noch nicht seinen Unterhaltsanspruch. Dies ist erst dann der Fall, wenn noch weitere Umstรคnde hinzutreten, die das Gesamtverhalten als schwere Verfehlung erscheinen lassen, wie etwa bei zusรคtzlichen schweren Beleidigungen, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem kรผrzlich verรถffentlichten Beschluss vom 3. August 2020 (Az.: 8 UF 165/19).
Vater wollte keinen Unterhalt mehr zahlen
Der antragstellende Vater wollte gerichtlich erreichen, dass er fรผr seine mittlerweile volljรคhrige Tochter keinen Unterhalt mehr zahlen muss. Der Mann und die Mutter hatten sich getrennt, als die Tochter noch ein Kleinkind war. Der Vater lehnte Umgangskontakte mit seiner Tochter ab, so dass es zu keinen persรถnlichen Kontakt mehr kam. Nach einer Vereinbarung mit dem Jugendamt zahlte er den gesetzlichen Mindestunterhalt, gemindert um die Hรคlfte des Kindergeldes.
Als die volljรคhrige Tochter Anfang Juni 2018 ihr Abitur und nach zwei Praktika schlieรlich ein Theaterpรคdagogik-Studium begann, kam es zu Unterhaltsstreitigkeiten. Der Vater bestritt, dass er fรผr die Zeit der mehrmonatigen Praktika Kindesunterhalt zahlen mรผsse. Er verwies zudem darauf, dass er seit รผber zehn Jahren keinen persรถnlichen Kontakt oder Umgang mehr zu seiner Tochter hatte. Der Unter
OLG Frankfurt/Main: weitere Umstรคnde mรผssen hinzukommen
Doch damit ist der Unterhaltsanspruch der Tochter nicht verwirkt, entschied das OLG. Eine fehlende Kontaktaufnahme kรถnne nur dann zur Verwirkung des Unterhaltsanspruchs fรผhren, wenn noch weitere Umstรคnde hinzutreten, die das Gesamtverhalten als schwere Verfehlung erscheinen lassen, wie etwa bei zusรคtzlichen schweren Beleidigungen. Ein solches Verhalten sei bei der unterhaltsberechtigten jungen Frau โnicht ansatzweise erkennbar”. Es mรผsse auch berรผcksichtigt werden, dass der Vater selbst bis kurz zur Volljรคhrigkeit der Tochter keinen Kontakt gesucht habe.
Auch dass die Tochter ihre Immatrikulationsbescheinigen und die Mutter ihre Einkommensteuererklรคrung teils verspรคtet vorgelegt haben, sei noch kein Verwirkungsgrund. Der Vater sei daher unterhaltspflichtig und sei zur Zahlung von Unterhaltsrรผckstรคnden in Hรถhe von insgesamt 6.146 Euro verpflichtet, entschied das OLG. fle/mwo