Unterbliebene Meldung offener Stellen ist diskriminierend

Lesedauer 2 Minuten

Die unterbliebene Meldung offener Stellen eines รถffentlichen Arbeitgebers bei der Arbeitsagentur kann ein Hinweis fรผr eine entschรคdigungspflichtige Diskriminierung schwerbehinderter Bewerberinnen und Bewerber sein. Allein die Verรถffentlichung eines Stellenangebotes in der Jobbรถrse der Bundesagentur fรผr Arbeit (BA) ersetze die Meldepflicht nicht, urteilte am Donnerstag, 25. November 2021, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (Az.: 8 AZR 313/20).

Diskriminierung wegen der Behinderung

Im Streitfall hatte sich der Klรคger, ein schwerbehinderter Jurist, beim Landkreis MeiรŸen auf eine ausgeschriebene Stelle als Amtsleiter fรผr das Rechts- und Kommunalamt beworben. Nach den gesetzlichen Bestimmungen mรผssen รถffentliche Arbeitgeber schwerbehinderte fachlich geeignete Stellenbewerber zum Vorstellungsgesprรคch einladen.

Andernfalls besteht ein Indiz fรผr eine Diskriminierung wegen der Behinderung, fรผr die der Arbeitgeber gegebenenfalls eine Entschรคdigung von bis zu drei Monatsgehรคltern zahlen muss. Zusรคtzlich besteht nach dem Gesetz die Pflicht, dass der Arbeitgeber offene Stellen, die auch mit Schwerbehinderten besetzt werden kรถnnen, โ€žnach einer erfolglosen Prรผfung zur internen Besetzung” den Arbeitsagenturen frรผhzeitig melden muss.

Doch der klagende schwerbehinderte Jurist wurde weder zum Vorstellungsgesprรคch eingeladen, noch hatte der Landkreis die Stelle der Arbeitsagentur formal gemeldet. Die Stellenausschreibung fand sich aber in der Jobbรถrse der BA.

Als der Klรคger dann seine Absage erhielt, fรผhrte er diese auf seine Behinderung zurรผck. Er verlangte daher eine Diskriminierungsentschรคdigung in Hรถhe von 13.727 Euro.

Der Landkreis wies die Forderung zurรผck. Zum einen sei der Jurist fachlich nicht geeignet gewesen, so dass gar keine Pflicht zur Einladung zum Bewerbungsgesprรคch bestanden haben, zum anderen sei die ausgeschriebene Stelle in der Jobbรถrse der BA aufrufbar gewesen.

BAG: ร–ffentlicher Arbeitgeber muss Arbeitsagentur informieren

Auch das Sรคchsische Landesarbeitsgericht lehnte den Entschรคdigungsanspruch ab. Der Klรคger sei wegen der unterbliebenen Einladung zum Vorstellungsgesprรคch nicht diskriminiert worden. Er sei โ€žoffensichtlich nicht fachlich geeignet” gewesen, da es ihm an der geforderten Fรผhrungs- und Berufserfahrung fehlte.

Doch die dagegen eingelegte Revision hatte vor dem BAG Erfolg. Der Klรคger habe Anspruch auf eine angemessene Entschรคdigung. Denn der Landkreis sei als รถffentlicher Arbeitgeber nicht seiner gesetzlichen Pflicht nachgekommen, die offene Stelle der รถrtlichen Arbeitsagentur zu melden.

โ€žDer Umstand der unterlassenen Meldung begrรผndet die Vermutung, dass der Klรคger im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen der Schwerbehinderung nicht berรผcksichtigt und damit wegen der Schwerbehinderung benachteiligt wurde”, so das BAG. Allein die Verรถffentlichung in der Jobbรถrse der BA sei keine Meldung nach den gesetzlichen Bestimmungen.

Danach kam es im Streitfall nicht mehr darauf an, ob weitere VerstรถรŸe gegen die Verfahrens- und Fรถrderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen vorlagen. Offen blieb nach der vorlรคufigen Urteilsbegrรผndung zudem, inwieweit ein รถffentlicher Arbeitgeber die Diskriminierungsvermutung aufgrund der unterlassenen Meldung widerlegen kann. fle/mwo