Für Menschen, deren Gehör stark beeinträchtigt ist, kann ein Cochlea-Implantat eine Möglichkeit sein, am Alltag teilzunehmen – bei Kindern ermöglicht es auch den grundsätzlichen Erwerb von Hör- und Sprachkenntnissen. Doch wenn das Implantat ausfällt, sind sie auf Gebärendsprache angewiesen, um sich verständigen zu können.
Sozialhilfe für Teilhabe beeinträchtigter Menschen
Die Sozialhilfe dient dazu, jenen ein menschenwürdiges Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen, die auf irgendeine Weise beeinträchtigt sind, sich eine Behandlung oder andere Hilfe aber nicht leisten können.
Beispielsweise wurde für eine Vierjährige, die nahzu taub und daher beidseitig mit Cochlea-Implantat versehen ist, ein Hausgebärdensprachkurs beantragt. Erst durch die Cochlea-Implantate hatte die Betroffene Hören und Sprechen gelernt und ist zur Kommunikation vollständig auf diese angewiesen.
Der Leistungsträger lehnte den Antrag jedoch ab, da der bestehende Eingliederungsbedarf bereits durch Frühförderung für Hörgeschädigte abgedeckt sei, zumal durch die Implanate mittlerweile eine gute Sprachentwicklung stattgefunden habe.
Anspruch auf Gebärdensprachkurs und Hörurlaub
Nichtsdestotrotz stellt das Hören mit Cochlea-Implantaten eine große Anstrengung dar und vor allem in Gruppensituationen, in denen Nebengeräusche gefiltert werden müssen, tritt schnell eine Ermüdung der Höreben auf, die durch einen unterstützenden Einsatz der Gebärdensprache abgefedert werden könne, so die Einschätzung der Ärzte. Außerdem sei es notwendig, entsprechende Ruhezeiten zu realisieren, in denen die Implantate nicht getragen werden. Dann aber sei eine Kommunikation ohne Gebärdensprache schlichtweg nicht möglich. Insbesondere angesicht der anstehenden Einschulung der Betroffenen, sei es umso wichtiger, zuhause die Möglichkeit zur Entspannung zu haben.
Das Sozialgericht Nürnberg entschied folglich, dass die Möglichkeit bestehen müssen, zuhause „Hörurlaub“ vom anstrengenden Hören in Kita oder Schule nehmen zu können, und dass ein Gebärdensprachkurs maßgeblich zur Erleichterung der Kommunikation nicht nur in dieser Situation, sondern ergänzend zur Nutzung der Cochlea-Implantate oder im Falle deren Ausfalls oder in Situationen, in denen diese nicht getragen werden können, dringend angebracht ist. Daher muss der Leistungsträger die Kosten für den Gebärdensprachkurs übernehmen. (S 4 SO 205/19 ER)
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