So wirst du garantiert gekündigt: 7 Gründe warum eine Job-Kündigung erfolgt

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Kündigungen erscheinen selten aus heiterem Himmel. In vielen Fällen verdichten sich über Wochen oder Monate Anzeichen – manche offensichtlich, andere subtil. Aus arbeitsrechtlicher Sicht lassen sich die meisten Fälle drei Kategorien zuordnen: verhaltensbedingte, personenbedingte und betriebsbedingte Kündigungen.

“In der Praxis überlagern sich diese jedoch häufig”, sagt Rechtsanwalt Christian Lange aus Hannover der auch Fachanwalt für Arbeitsrecht ist.

Vorgesetzte bewerten nämlich Leistungen, Teams reagieren auf Unkollegialität, Krankheiten belasten Abläufe, und nicht zuletzt spielt menschliche Sympathie eine Rolle, so Lange.

Mangelnde Leistungsfähigkeit: Der schwer messbare Klassiker

Der häufigste Erklärungsversuch lautet „Low Performance“. In klar standardisierten Umgebungen – etwa am Fließband – lassen sich Mengen und Qualitäten objektiv vergleichen.

In wissensintensiven Tätigkeiten ist das weit schwieriger. Quantität ist nicht gleich Qualität: Wer hunderte Tickets abarbeitet, erledigt womöglich leichtere Fälle als die Kollegin, die weniger, dafür komplexere Vorgänge löst.

Genau darin liegt die arbeitsrechtliche Hürde für den Arbeitgeber: Er muss nicht nur Abweichungen zeigen, sondern nachvollziehbar darlegen, dass die Leistung objektiv und dauerhaft hinter dem Soll zurückbleibt, obwohl die Rahmenbedingungen vergleichbar sind und Unterstützungsangebote ausgeschöpft wurden.

Dauer- oder Totalüberwachung ist datenschutzrechtlich eng begrenzt, weshalb Leistungsdefizite oft nur indirekt belegt werden.

“In der Praxis werden deshalb statt reiner „Mengen-Kündigungen“ häufig andere Ansatzpunkte gesucht – etwa Pflichtverstöße im Arbeitsprozess oder organisatorische Umstrukturierungen” berichtet der Anwalt.

Häufige Erkrankungen: Faktische Ursache, juristisch heikel

Krankheit ist keine Schuldfrage. Dennoch geraten Beschäftigte mit häufigen oder lang andauernden Ausfällen auf interne „Abschlusslisten“.

Eine personenbedingte Kündigung wegen Krankheit setzt rechtlich hohe Hürden voraus: eine negative Gesundheitsprognose, erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen sowie eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers. Hinzu kommt das betriebliche Eingliederungsmanagement als milderes Mittel.

“Weil diese Voraussetzungen schwer zu erfüllen sind, suchen Arbeitgeber in der Realität nicht selten nach anderen Begründungen, etwa betriebsbedingten Argumenten”, so Lange.

Für Betroffene heißt das: Attestlage sauber halten, Rehabilitations- und BEM-Angebote wahrnehmen, und dokumentieren, welche Anpassungen die Tätigkeit stabilisieren könnten.

Wiederkehrende Fehler: Vom Missgeschick zum Kündigungsrisiko

Niemand arbeitet fehlerfrei. Kündigungsrelevant werden Fehler erst, wenn sie in Frequenz oder Schwere Pflichtenverletzungen darstellen und trotz vorheriger Abmahnung fortbestehen.

“Entscheidend ist aber, ob es um einmalige Versehen, um Schulungsdefizite oder um bewusstes Ignorieren verbindlicher Vorgaben geht”,  sagt der Anwalt.

“Wer gegenüber geregelten Arbeitsanweisungen dauerhaft eigene Wege geht, öffnet die Tür für eine verhaltensbedingte Kündigung – zumal dann, wenn Schäden entstehen, Fristen reißen oder Compliance-Standards berührt sind”, mahnt Lange.

“Beschäftigte sollten dokumentieren, welche Arbeitsanweisungen galten, welche Ressourcen verfügbar waren und welche Rückfragen oder Schulungen sie aktiv eingefordert haben.”

Persönliche Antipathie: Der leise Treiber

Sympathie prägt Wahrnehmung. Führungskräfte bewerten dieselbe Leistung nicht immer gleich, und unbewusste Voreingenommenheit kann Kritik intensivieren.

Antipathie ist keine tragfähige Kündigungsbegründung, wohl aber ein Katalysator: Wer ohnehin kritisch gesehen wird, erlebt strengere Maßstäbe und engmaschigere Kontrolle.

Gegenmittel sind Transparenz, sachliche Kommunikation und das Suchen formaler Feedback-Räume. “Wo ein Betriebsrat existiert, kann dessen Einbindung Gespräche versachlichen”, so der Ratschlag des Rechtsanwaltes.

Unkollegialität: Wenn das Team zur Bühne wird

Teamdynamiken entscheiden oft über Karrieren. Wer systematisch Vorteile auf Kosten anderer sucht, Urlaubslisten stets zu eigenen Gunsten füllt, sich bei Präsenzpflichten entzieht oder sich bei Vorgesetzten anbiedert, provoziert Widerstände.

Der daraus entstehende Unmut bahnt sich Wege – über informelles Feedback, Beschwerden oder schlichte Ablehnung im Arbeitsalltag.

Im Extremfall eskalieren Konflikte zu Mobbing- oder gar Bossing-Konstellationen. Rechtlich verwertbar wird Unkollegialität dort, wo sich daraus Pflichtverletzungen, Störungen des Betriebsfriedens oder Leistungsbeeinträchtigungen ableiten lassen. Präventiv helfen klare Absprachen, transparente Vertretungsregeln und die Bereitschaft, unpopuläre Aufgaben fair zu teilen.

Auftreten gegenüber der Führung: Kleine Verstöße, großes Bild

Nicht jede Verfehlung wiegt schwer. Viele Kündigungen sind jedoch das Ende vieler kleiner Signale: regelmäßig verspätete Meeting-Starts, fehlende Rückmeldungen, sarkastische Kommentare, eigenmächtig genommener Urlaub oder das Ignorieren von Freigabeprozessen.

“Besonders riskant sind Arbeitszeitverstöße”, warnt der Arbeitsrechtler. Häufige Privatnutzung des Internets während der Arbeitszeit, manipulierte Zeiterfassung oder das bewusste Ausdehnen von Pausen können – je nach Intensität und Beweislage – eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

“Der digitale Fußabdruck ist dabei oft aussagekräftiger, als Beschäftigte annehmen”, warnt der Anwalt. “Wer im Homeoffice arbeitet, sollte Zeiten, Erreichbarkeiten und Ergebniserwartungen verbindlich klären, um Missverständnisse zu vermeiden.”

Straftaten zum Nachteil des Arbeitgebers: Die rote Linie

Beleidigungen, Diebstahl, Unterschlagung oder der unberechtigte Abfluss sensibler Informationen überschreiten die Schwelle der arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung. Hier drohen fristlose Kündigungen und mitunter strafrechtliche Konsequenzen.

Auch vermeintliche „Bagatellen“ – etwa das Mitnehmen von Arbeitsmitteln – können schwer wiegen, wenn Vertrauensbruch im Raum steht. Präventiv hilft eine einfache Regel: “Was nicht ausdrücklich erlaubt ist, bleibt im Betrieb”, rät der Anwalt.

Kündigungsschutz in der Praxis: Hürden, Fristen, Beweislast

In Betrieben mit regelmäßig mehr als zehn Vollzeitkräften und nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit greift der allgemeine Kündigungsschutz. Arbeitgeber müssen Kündigungen sozial rechtfertigen und den Betriebsrat – sofern vorhanden – ordnungsgemäß anhören.

Bei verhaltensbedingten Kündigungen ist eine vorherige, einschlägige Abmahnung in der Regel erforderlich; bei personenbedingten Kündigungen sind mildere Mittel zu prüfen; bei betriebsbedingten Kündigungen sind soziale Auswahl und freie Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

Für Beschäftigte wichtig ist die Frist: Gegen eine Kündigung kann nur binnen drei Wochen ab Zugang Klage beim Arbeitsgericht erhoben werden.

Wer diese Frist versäumt, verliert regelmäßig die Chance auf gerichtliche Überprüfung – und oft auch auf Verhandlungsspielräume etwa für Abfindungen.

Richtig reagieren: Souveränität statt Schnellschuss

Im Ernstfall gilt zuvorderst Ruhe. Der Zugang der Kündigung sollte dokumentiert, der Umschlag aufbewahrt und der Inhalt fotografiert werden. Unterschriften sollten sich, wenn überhaupt, auf den Erhalt der Kündigung beschränken; rechtliche Erklärungen – insbesondere Aufhebungsverträge, Abwicklungsvereinbarungen oder Ausgleichsquittungen – sollten ohne Beratung nicht unterzeichnet werden.

Parallel empfiehlt sich die Sicherung eigener Unterlagen: Zielvereinbarungen, E-Mails zu Arbeitsinhalten, Nachweise über Schulungen, Krankmeldungen und Schriftwechsel zu BEM-Maßnahmen.

Ein Zwischenzeugnis kann sinnvoll sein, ebenso die schriftliche Bitte um eine genaue Arbeitsbescheinigung.

Wer erkrankt ist, meldet sich korrekt ab und reicht Nachweise fristgerecht ein. Gespräche mit Führungskräften sollten kurz, sachlich und protokolliert erfolgen; emotionale Auseinandersetzungen helfen selten und verschlechtern die Ausgangslage.

Aufhebungsvertrag statt Kündigung: Chance oder Falle

Nicht jede Trennung erfolgt per Kündigung. Häufig liegt ein Aufhebungsvertrag auf dem Tisch – verlockend durch eine schnelle Lösung, aber mit Risiken für Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld oder für die Durchsetzung von Ansprüchen.

Entscheidend sind Timing, Formulierungen, Ausgleichsregelungen, Resturlaub, Boni und Zeugnis. Wer Verhandlungsspielräume ausloten will, braucht Klarheit über die tatsächliche Beweislage und die Prozessrisiken beider Seiten. Erst dann lässt sich seriös einschätzen, ob eine Abfindung realistisch ist und in welcher Größenordnung.

Fazit: Prävention, Dokumentation, Professionalität

Die meisten Kündigungen haben eine Vorgeschichte. Wer klare Absprachen sucht, Leistungen transparent macht, Feedback aktiv einfordert und Teaminteressen ernst nimmt, reduziert Risiken deutlich. Kommt es doch zum Bruch, entscheiden die ersten Tage über die Optionen. Fristen wahren, Dokumente sichern, nichts Unbedachtes unterschreiben – und die eigene Geschichte strukturiert aufbereiten. So wird aus einem Schockmoment eine Situation, die sich sachlich prüfen und, wo möglich, zu fairen Konditionen gestalten lässt.