Schwerbehinderung: Besuche zu behinderten Kindern muss gezahlt werden

Lesedauer 2 Minuten

Erwachsene Bewohnerinnen und Bewohner eines Wohnheims fรผr behinderte Menschen kรถnnen die Kostenรผbernahme fรผr โ€žerforderlicheโ€œ Heimfahrten zu ihren Eltern beanspruchen. Da der Trรคger der Eingliederungshilfe die soziale Teilhabe zu ermรถglichen habe, gehรถre dazu auch die Teilhabe am Familienleben, stellte das Bundessozialgericht (BSG) in einem am Donnerstag, 27. Februar 2025, verkรผndeten Urteil klar (Az.: B 8 SO 10/23 R).

Ob und wie hรคufig die sogenannte Besuchsbeihilfe beansprucht werden kรถnne, hรคnge aber davon ab, inwieweit sie im Einzelfall erforderlich sei, so die Kasseler Richter.

Der 1986 geborene schwerst behinderte Klรคger lebt in einem Wohnheim fรผr behinderte Menschen im Landkreis Hildesheim. Ihm wurden unter anderem die Merkzeichen B (Begleitperson), aG (auรŸergewรถhnliche Gehbehinderung) und H (hilflos) zuerkannt.

Damit der Mann seine Eltern besuchen konnte, hatte ihm der Landkreis die Kostenรผbernahme fรผr eine Heimfahrt pro Monat mit einem Taxifahrdienst zugesagt. Kosten fรผr die Hin- und Rรผckfahrt beliefen sich zuletzt auf 432 Euro.

Besuche behinderter Menschen bei ihren Eltern sind soziale Teilhabe

Der behinderte Klรคger beantragte dann jedoch die Kostenรผbernahme fรผr eine weitere Heimfahrt pro Monat. Er legte ein รคrztliches Attest vor, wonach die zusรคtzlichen Heimfahrten zur Aufrechterhaltung seiner psychischen Gesundheit erforderlich seien. Im Verfahren vor dem BSG schrรคnkte der Klรคger seinen Antrag dann ein.

Der Landkreis als Trรคger der Eingliederungshilfe sollte nun fรผr fรผnf weitere Heimfahrten aufkommen, die im Streitzeitraum September 2018 bis Ende 2019 tatsรคchlich angefallen waren.

Der Landkreis lehnte den Antrag auf Kostenรผbernahme weiterer Heimfahrten ab. Die Besuchsbeihilfe fรผr Fahrten zu den Eltern sei keine eigenstรคndige Leistung der โ€žsozialen Teilhabe im Rahmen der Eingliederungshilfeโ€œ, so nun die Behรถrde.

Im Streitfall galt noch das bis Ende 2019 geltende alte Recht, wonach Besuchsfahrten von Menschen mit Behinderungen, die in Einrichtungen leben, รผbernommen werden kรถnnen. Diese mรผssten aber โ€žerforderlichโ€œ sein. Die ab 2020 geltende gesetzliche Neuregelung hat diese Formulierung inhaltsgleich รผbernommen.

Das BSG urteilte, dass der Klรคger einen Anspruch auf Kostenรผbernahme fรผr die angefallenen weiteren fรผnf Heimfahrten hat. Auch diese seien nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) Celle โ€žerforderlichโ€œ gewesen. Die Erforderlichkeit der Besuchsbeihilfen und deren Hรคufigkeit bestimme sich โ€žanhand des konkreten eingliederungshilferechtlichen Bedarfs, insbesondere den medizinischen Erfordernissen und den รถrtlichen Verhรคltnissenโ€œ.

BSG: Eingliederungshilfe muss im Einzelfall Besuchsbeihilfe zahlen

Die je nach Einzelfall erforderliche Besuchsbeihilfe sei sowohl nach altem als auch nach neuem Recht eine eigenstรคndige Eingliederungshilfeleistung, fรผr die der Landkreis aufzukommen habe. Der Eingliederungshilfetrรคger habe die soziale Teilhabe zu ermรถglichen, zu der auch die Teilhabe am Familienleben gehรถre, urteilten die obersten Sozialrichter. fle