Rückwirkend Hartz IV Mehrbedarf wegen Behinderung beantragen?

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Das Bundessozialgericht beschäftigte sich mit der Frage, auf welchen Zeitpunkt es bei der Anerkennung eines Mehrbedarfs wegen einer erheblichen Gehbehinderung nach § 30 Abs. 1 SGB XII ankommt.

Die Gesetzeslage: Der § 30 Abs. 1 SGB XII

Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen einer Gehbehinderung ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. So muss die Behinderung durch einen Bescheid der zuständigen Behörde oder durch die Feststellung des Merkzeichens G nachgewiesen werden.

Betroffene beantragte Feststellung des Merkzeichens G

Eine betroffene Hartz IV-Bezieherin erhielt lediglich den normalen Regelsatz für Alleinstehende. Für die Geltendmachung des Mehrbedarfs bei einer Behinderung beantragte sie rückwirkend ab dem 20.12.2013 die Feststellung der Voraussetzungen für das Markenzeichen G. Dieser Bescheid erging einige Monate später am 24.04.2014. Daraufhin hob das Jobcenter den Hartz IV-Bescheid vom 20.12.2013 auf und bewilligte der Hartz IV-Bezieherin ab dem 01.04.2014 die Regelleistung zuzüglich Mehrbedarf für ihre Gehbehinderung.

Hartz IV-Bezieherin erhob Klage

Gegen diese Entscheidung ging die Hartz IV-Bezieherin vor. Sie beantragte eine Bewilligung des Mehrbedarfs ab dem Zeitpunkt der Behinderung, also seit dem 20.03.2013. Sie bekam vor dem Sozialgericht Landshut Recht. Das Gericht führte als Begründung an, dass Sinn und Zweck des Mehrbedarfs gerade der ist, die höheren Kosten, die durch die Behinderung entstehen, auszugleichen. Aus diesem Grund sollte einem Hartz IV-Bezieher der Mehrbedarf ab dem Zeitpunkt der Einschränkung gewährt werden.

Jobcenter legte Revision ein

Gegen die Entscheidung des Sozialgerichts legte das Jobcenter Revision ein. Als Begründung führte das Jobcenter an, dass durch die Entscheidung des Sozialgerichts eine Verletzung des § 30 Abs. 1 SGB XII vorliegen würde. Weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte des § 30 Abs. 1 SGB XII weisen darauf hin, dass es auf den Zeitpunkt der Behinderung selbst ankommt. Von Bedeutung sei der Zeitpunkt des Feststellungsbescheides vom Versorgungsamt.

Mehrbedarf bei Behinderung gilt nicht rückwirkend

Die Revision des Jobcenters hatte Erfolg. Folgt man dem § 30 Abs. 1 SGB XII kommt es auf die Vorlage eines Feststellungsbescheides oder Ausweises mit dem Merkzeichen G an. Mehrbedarfe sind somit nicht für vergangene Zeiträume zu erbringen.

Anspruch auf Mehrbedarf durch Behinderung bei Erwerbsfähigen

Das Jobcenter zahlt einen Mehrbedarf durch Behinderung, wenn Sie selbst mindestens drei Stunden pro Tag arbeiten können und eine Behinderung haben. Doch Vorsicht, das gilt nur, wenn Sie an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilnehmen. Wenn Sie nicht an einer Maßnahme teilnehmen, bekommen Sie auch keinen Mehrbedarf. 

Wenn Sie den Mehrbedarf bekommen, bedeutet das erheblich viel mehr Geld für Sie: Sie bekommen dann 35 % Ihres Regelsatzes zusätzlich. Was das bedeuten kann, haben wir hier für Sie ausgerechnet:

Regelsatz Mehrbedarf von 35% bei erwerbsfähigen Behinderten
424 EUR 148,40 EUR
382 EUR 133,70 EUR
339 EUR 118,65 EUR

Anspruch auf Mehrbedarf durch Behinderung bei Nicht-Erwerbsfähigen

Wenn Sie schwerbehindert sind und nicht mindestens drei Stunden am Tag arbeiten können, bekommen Sie im Normalfall Sozialhilfe vom Sozialamt, nicht ALG II vom Jobcenter. Geld vom Jobcenter bekommen Sie als erwerbsunfähige Person mit Behinderung nur, wenn Sie mit einer erwerbsfähigen Person in einer Bedarfsgemeinschaft leben. 

Trifft das auf Sie zu, und haben Sie außerdem das Merkzeichen G für schwerbehindert in Ihrem Behindertenausweis stehen, bekommen Sie 17 % des Regelsatzes zusätzlich. Das bedeutet für Sie je nach Ihrem Regelsatz: 

Regelsatz Mehrbedarf von 17% bei nicht erwerbsfähigen Behinderten
382 EUR 64,94 EUR
339 EUR 57,63 EUR
322 EUR 54,74 EUR
302 EUR 51,34 EUR
245 EUR 41,65 EUR

Quelle:

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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