Kindesumgang führt nicht zur Bürgergeld-Kürzung der Mutter

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Lebt ein auf Bürgergeld angewiesenes Kind für einige Tage pro Woche bei dem getrennt lebenden Vater, muss deshalb die Mutter nicht automatisch mit weniger Jobcenter-Leistungen auskommen.

Bezieht der Vater kein Bürgergeld, liegt nur eine Bedarfsgemeinschaft zwischen Mutter und Kind vor, so dass die Mutter das volle Sozialgeld für das Kind beanspruchen kann, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am Donnerstag, 28. September 2023, bekanntgegebenen Urteil vom Vortag (Az.: B 7 AS 13/22 R).

Wenn beide Elternteile Bürgergeld beziehen gelten andere Regeln

Anderes gelte allerdings, wenn beide Elternteile Jobcenterleistungen erhalten. Dann lägen zwei sogenannte temporäre Bedarfsgemeinschaften vor, so dass der Vater für Tage mit seinem Kind anteilig mehr Leistungen vom Jobcenter beanspruchen kann, die Mutter dafür weniger.

Im konkreten Fall ging es um einen zum Streitzeitpunkt neunjährigen Jungen, der vom Jobcenter Flensburg Sozialgeld erhielt. Er lebte im Haushalt seiner damals Arbeitslosengeld II beziehenden und getrennt lebenden Mutter. Mehrere Tage pro Woche verbrachte das Kind auch bei dem Vater.

Das Jobcenter rechnete die Kinderbetreuung taggenau ab. Für Tage, an denen sich der Junge bei seinem Vater aufhielt, zahlte es der Mutter anteilig weniger Bürgergeld aus.

Die Mutter meinte, dass damit eine Unterdeckung ihres Existenzminimums vorliege. Die Kürzung führe dazu, dass sie im Sozialgeld enthaltene dauerhafte Bedarfe schlechter ansparen könne. Dazu zählten etwa Bedarfe für den Ersatz von Haushaltsgeräten, Kleidung oder auch für Energie-Grundkosten und Wohnungsinstandhaltung.

BSG: Bei nur einer Bedarfsgemeinschaft erhält Mutter volle Leistung

Das BSG verwies den Fall an das Landessozialgericht (LSG) Schleswig-Holstein zurück. Weder sei festgestellt, ob der Vater ebenfalls Leistungen vom Jobcenter erhalten hat, noch ob die Eltern sich das Umgangsrecht gleichermaßen aufgeteilt haben.

Befänden sich beide Elternteile im Hilfebezug, liege mit dem Umgang des Kindes bei dem Vater eine sogenannte temporäre Bedarfsgemeinschaft vor. An den Tagen, an denen das Kind sich beim Vater länger als zwölf Stunden aufhalte, könne dieser hierfür höhere Hilfeleistungen vom Jobcenter verlangen. Der Mutter dürften dann tagesanteilig die Leistungen gekürzt werden.

Befinde sich aber nur die Mutter im Leistungsbezug, liege nur eine einzelne Bedarfsgemeinschaft mit dem Kind vor. In diesem Fall dürfe das Jobcenter wegen des Umgangs des Kindes mit dem Vater das an die Mutter gezahlte Sozialgeld nicht kürzen, sofern sie den Sohn überwiegend betreut, urteilte hierzu erstmals das BSG. Ob dies auch bei einem sogenannten paritätischen Wechselmodell gilt, bei dem Eltern sich den Umgang mit dem Kind genau teilen, ließ das BSG offen. fle/mwo