Hartz IV Urteil zu eheähnlicher Gemeinschaft & Woh

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Landes-Sozialgericht Hamburg: Gemeinsamer Einzug in eine Wohnung muss nicht gleich Eheähnlich sein

Der gemeinsame Einzug einer Wohnung ist noch kein Grund zur Annahme, dass sich dahinter eine "eheähnliche Gemeinschaft" verbirgt. So urteilte das Landessozialgericht in Hamburg. In diesem Fall kannten sich die Bezieher der Wohnung (gedacht als WG) erst 3 Monate!

Das LSG Hamburg urteilte wie folgt:

Die Antragstellerin und Herr B. haben getrennte Konten, ohne Vollmacht über das Konto des anderen. Herr B. erklärte, dass er, da sie gerade erst die Beziehung begonnen hätten, nicht bereit sei, für die Antragstellerin aufzukommen. Diese gab an, sich von Herrn B. nicht abhängig machen zu wollen.

Bei dieser Sachlage ist bei verständiger Würdigung kein wechselseitiger Wille anzunehmen, Verantwortung füreinander zutragen und füreinander einzustehen. Nicht ausschlaggebend ist bei Prüfung dieser Voraussetzung, ob ein derartiger Wille tatsächlich vorliegt (SG Reutlingen, Beschl. vom 18.12.2006 – S 2 AS 4271/06 ER – Juris; Adolph in Linhart/Adolph, SGB II, Stand: November 2006, § 7 Rn. 74). Dementsprechend müssen Erklärungen der Betroffenen, ein solcher Wille sei nicht gegeben, keineswegs zum Ergebnis führen, dass eine Einstehensgemeinschaft nicht existiert. Vielmehr ist zu fragen, ob eine solche unter den konkret vorliegenden Umständen im Lichte der gesellschaftlichen Anschauungen zu erwarten ist. Es ist in der heutigen Zeit nichts Ungewöhnliches, wenn Paare zusammenziehen, ohne verheiratet zu sein. Dies dient regelmäßig dazu zu testen, ob die Beziehung auch hält, wenn man nicht nur die “Schokoladenseiten” des anderen sieht, sondern im Alltag ständig zusammenlebt. Während dieser "Probezeit" ist die Verbindung im Regelfall noch nicht derart gefestigt, dass vom Vorliegen einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft ausgegangen werden kann. Die Erklärungen der Antragstellerin und des Herrn B. passen daher durchaus zum Zeitgeist.

Was die Dauer einer zu akzeptierenden “Probezeit” anlangt – die Dauer des Zusammenlebens ist das gewichtigste Indiz für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft (BVerwG, Urt. vom 17.5.1995 – 5 C 16.93 – BVerwGE 98, S. 195 ff., 199 f.) –, erscheint es sinnvoll, sich an der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 3a SGB II zu orientieren. Danach wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung für einander zutragen und füreinander einzustehen, vermutet, wenn Partner, ohne dass sonstige besondere Umstände vorhanden sind, länger als ein Jahr zusammenleben. Der Senat sieht in dieser Regelung nicht nur eine Erleichterung der Missbrauchsbekämpfung, sondern auch eine Bestimmung, bis zu welchem Zeitpunkt regelmäßig noch keine Einstehensgemeinschaft anzunehmen ist. Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung der Vermutungsregelung ausdrücklich auf einen Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg (18.1.2006 – L 5 B 1362/05 AS ER) hingewiesen, wonach bei einer Dauer des Zusammenlebens bis zu einem Jahr im Regelfall keine Einstehensgemeinschaft vorliegen werde (BT-Drucks. 16/1410, S. 19 zu Nummer 7 Buchstabe b). Die Festlegung einer solchen Zeitgrenze ist auch im Interesse der Verwaltungspraktikabilität zweckmäßig, weil es schwierig ist, die Bindungsintensität zu belegen oder zu widerlegen. Ebenso wie die Vermutung, dass nach einem Jahr eine Einstehensgemeinschaft besteht, widerlegt werden kann, ist es möglich, bereits in der Jahresfrist eine Einstehensgemeinschaft zu bejahen (SG Hamburg, Beschl. vom 1.11.2006 – S 53 AS 2143/06 ER). veröffentlicht am 05.03.07