Hartz IV: Kostenübernahme bei Kücheneinrichtung

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Hartz IV: Arge ist zur Übernahme von zusätzlichen Küchennutzungskosten verpflichtet, wenn der Mietpreis sich auch unter Einschluss des Zuschlags noch innerhalb des Rahmens der Angemessenheit

Das Bundessozialgericht urteilte (AZAz. B 14 AS 14/08 R): Das Nutzungsentgelt für die Kücheneinrichtung gehört zu den Leistungen für Unterkunft und Heizung, die nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit sie angemessen sind. Die Aufwendungen hierfür sind nicht aus der Regelleistung nach § 20 Abs 1 SGB II zu bestreiten. Der Senat hat bereits ausgeführt, dass ein solcher "Zuschlag" dann zu übernehmen ist, wenn die Wohnung nur mit dem Küchenmöbelzuschlag anmietbar war und der Mietpreis sich auch unter Einschluss des Zuschlags noch innerhalb des Rahmens der Angemessenheit für den maßgeblichen Wohnort hält (SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 34).

Nach dem Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind maßgeblich die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft bis zur Grenze der Angemessenheit. In diesem Rahmen besteht damit grundsätzlich ein Anspruch auf Übernahme der vollständigen tatsächlichen Kosten. Diese umfassen alle Zahlungsverpflichtungen, die sich aus dem Mietvertrag für die Unterkunft ergeben (vgl zur Einzugsrenovierung BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 4 AS 49/07 R; Urteil vom 19 Februar 2009 – B 4 AS 48/08 R zum Breitbandkabelanschluss). Dazu zählt hier auch das Nutzungsentgelt für die Kücheneinrichtung, weil die Wohnung der Klägerin nur mit der Kücheneinrichtung vermietet wurde.

Der Hilfebedürftige kann in einem Fall, in dem das Nutzungsentgelt notwendiger Bestandteil des Mietzinses ist, den Aufwendungen regelmäßig nicht ausweichen. Eine gesonderte Kündigung der Kücheneinrichtung kommt nicht in Betracht. Die Beklagte hat hier rechtsirrig die Angemessenheit der Unterkunftskosten nach der Kaltmiete ohne den Küchenzuschlag beurteilt und bejaht, wie sie in ihrem Schreiben vom 30. Januar 2006 zum Ausdruck gebracht hat, und gleichzeitig erklärt, dass eine Umzugsnotwendigkeit nicht bestehe. Damit entstand für die Klägerin die Situation, dass ihr einerseits ein Umzug und dem folgend die in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II vorgesehenen Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten vorenthalten wurden, sie aber andererseits in der bisherigen Unterkunft mietvertraglich weiterhin zur Zahlung des Nutzungsentgelts verpflichtet war. Sind aber Aufwendungen mit der Unterkunft rechtlich und tatsächlich derartig verknüpft, sind sie auch als Leistungen nach § 22 SGB II zu erbringen (vgl zum Kabelanschluss BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 48/08 R; zur Garage BSG, Urteil vom 7. November 2008 – B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 28).

Das Nutzungsentgelt ist nicht deswegen von den Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II auszunehmen, weil in der Regelleistung gemäß § 20 SGB II ein Anteil für Möbel, Apparate und Haushaltsgeräte enthalten ist. Zwar ist zutreffend, dass sich die Höhe der Regelleistung an der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1998 mit Hochrechnung auf den Stand 2003 sowie an der Regelsatzverordnung orientiert (vgl zum Verfahren BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, jeweils RdNr 50) und der Abteilung 05 der EVS entnommen werden kann, dass Anteile für Möbel, Apparate, Haushaltsgeräte sowie deren Instandhaltung in die Bemessung des Regelsatzes nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und damit auch der Regelleistung nach § 20 SGB II eingeflossen sind (vgl BR-Drucks 206/04). Das LSG hat aber zu Recht darauf hingewiesen, dass es dem Sinn und Zweck der pauschalierten Regelleistung widerspricht, sie in ihre einzelnen Bestandteile aufzulösen und deren konkrete Verwendung zu prüfen. Es ist geradezu das Wesen einer pauschalierten Regelleistung, dass sie dem Leistungsempfänger in ihrer Gesamtheit zur selbstverantwortlichen Gestaltung seines Lebens zur Verfügung gestellt wird (vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 5 RdNr 22; Urteil des Senats vom 18 Juni 2008 – B 14 AS 22/07 R – SozR 4-4200 § 11 Nr 11 RdNr 24). Dabei müssen sich die individuellen Ausgaben nicht unbedingt an den abstrakt ermittelten Bedarfen ausrichten. Eine Aufspaltung der Regelleistung in Einzelbedarfe widerspricht dieser Konzeption des Gesetzgebers (vgl Berlit, Wohnung und Hartz IV, NDV 2006, 5, 15). Stellt der Gesetzgeber unter Verzicht auf eine individuelle Bedarfsbestimmung einen pauschalierten Betrag zu Gewährleistung des Existenzminimums zur Verfügung, würde ein Wertungswiderspruch entstehen, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise aus der Regelleistung "herausgerechnet" würde.

Eine vergleichbare Situation wie bei den Kosten der Warmwasserbereitung, die von den Kosten für Heizung in Abzug zu bringen sind (vgl dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 5; vgl auch Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, DSGT Praktikerleitfäden, 2009, S 33 ff), liegt nicht vor. Die Warmwasserbereitung stellte bereits im Referenzsystem der Sozialhilfe einen Sonderfall dar. Zum Zeitpunkt der Schaffung des SGB II bestand für die Sozialhilfe kein Zweifel daran, dass die Kosten der Warmwasserbereitung dem Regelsatz und nicht der KdU zuzuordnen waren (BSG aaO RdNr 21 mwN). Der Gesetzgeber hat, wie die Klarstellung in § 20 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl I 1706) zeigt, erkennbar hieran angeknüpft. § 20 Abs 1 Satz 1 SGB II wurde dahingehend geändert, dass die Regelleistung auch die "Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile" umfasst. Es sollte klargestellt werden, dass insbesondere die Kosten der Warmwasserbereitung aus der Regelleistung zu bestreiten und nicht Bestandteil der KdU sind (vgl BT-Drucks 16/1410 S 23).

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