Hartz IV: Keine Sanktion bei Krankheit

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Hartz IV Empfänger darf nicht wegen mangelnden Bewerbungsbemühen sanktioniert werden, wenn wegen Krankheit die Übernahme der Tätigkeit ausgeschlossen ist.

Der Senat stimmt mit dem SG darin überein, dass die Antragstellerin noch in der Lage gewesen sein dürfte, die in der Einigungsvereinbarung festgelegte Mitwirkungsobliegenheit an sich zu erfüllen, weil nicht erkennbar ist, dass der Antragstellerin auch das bloße Sich-Bewerben (und nicht die vollschichtige Beschäftigung selbst) gesundheitlich nicht mehr möglich war. Die Regelung des § 65 Abs. 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) gelangt damit unmittelbar nicht zur Anwendung, wonach die Mitwirkungsobliegenheit nicht besteht, soweit ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann (zur grundsätzlich bestehenden subsidiären Anwendbarkeit der §§ 60 ff. SGB I im Grundsicherungsrecht des SGB II Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19 September 2008, B 14 AS 45/07 AR, Juris).

Einem hilfebedürftigen Arbeitsuchenden kann ein Bewerbungsbemühen nach der Rechtsauffassung des erkennenden Senats jedoch auch dann nicht zugemutet werden, wenn nachgewiesen bzw. im einstweiligen Rechtsschutzverfahren glaubhaft gemacht ist, dass er die Tätigkeit, um deren Ausübung er sich bemühen soll, aus körperlichen oder seelischen Gründen (derzeit) gar nicht ausüben kann; jedenfalls darf die Nichterfüllung dieser Mitwirkungsobliegenheit dann nicht (mehr) sanktioniert werden. Denn die Sanktionsregelung des § 31 SGB II fußt erkennbar auf der Annahme, dass eine Sanktion deshalb angezeigt ist, weil Hilfebedürftige unter den dort genannten Voraussetzungen nicht alle "Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen" (so allgemein § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Stehen diese "Möglichkeiten" einem Hilfebedürftigen jedoch vorübergehend oder dauerhaft gar nicht offen, kann ihm eine mangelhafte Mitwirkung auch nicht vorgehalten werden (vgl. für das Zivilrecht und für Rechtspflichten im engeren Sinne die Regelung des § 275 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch über die Leistungsbefreiung bei insbesondere subjektiver Unmöglichkeit).

Der Senat lässt offen, ob in einem derartigen Fall bereits der Tatbestand des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b SGB II nicht erfüllt ist, oder ob ein wichtiger Grund gemäß 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II vorliegt, der die Nichterfüllung der Mitwirkungsobliegenheit rechtfertigt. (01.04.2009)