Hartz IV: Jobcenter verwendete Uralt-Gutachten für Unterkunftskosten

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Absurd niedrige Unterkunftskosten – Jocenter unterliegt vor dem Sozialgericht

Um die Kosten der Unterkunft für Leistungsbezieher niedrig zu halten, nutzte das Jobcenter Werra-Meißner-Kreis ein Wohnungsmarkterhebungsgutachten, dass schon 7 Jahre alt ist. Vor Gericht unterlag die Behörde.

Nach dem langjährigen Streit um die Angemessenheitsgrenzen bei Kosten der Unterkunft (KdU) für Sozialleistungsempfänger im Werra-Meißner-Kreis hat das Jobcenter vor dem Sozialgericht (SG) Kassel eine weitere Niederlage hinnehmen müssen.

Wohnungsmarkterhebungsgutachten aus dem Jahr 2014

Die 2. Kammer des Gerichts hat in drei nun veröffentlichten Urteilen (Az.: S 2 AS 147/17, S 2 AS 266/17 und S 2 AS 271/17) entschieden, dass ein seitens des Jobcenters in die Verfahren eingebrachtes Wohnungsmarkterhebungsgutachten aus dem Jahr 2014 auch nach einer „Nachbesserung“ aus dem Jahr 2019 weiterhin unschlüssig und damit nicht anwendbar sei. Das Jobcenter wurde daher dazu verurteilt, denn Klägern die tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 410,00 € monatlich zu gewähren.

Die Kläger, ein heute 69-jähriger Mann und sein heute 26 Jahre junger Sohn, hatten geklagt, weil ihnen das Jobcenter monatlich 72,72 € weniger für die Kosten der Unterkunft bewilligte als ihre Miete betrug.

Das Jobcenter verwies zur Begründung der Kürzung auf ein Gutachten der Firma Analyse und Konzepte aus März 2014, welches die Angemessenheitsgrenzen im Werra-Meißner-Kreis anhand von vermeintlich validen Erhebungen aus dem Jahr 2013 festgelegt hatte. Nach einer richtungsweisen Entscheidung des Bundessozialgerichts hatte das Jobcenter im Verlauf der Klageverfahren mit einem Korrekturbericht aus dem Jahr 2019 versucht, das Gutachten schlüssig zu machen.

Nachbesserung sind nicht schlüssig

Das Sozialgericht Kassel hält nun auch diese „Nachbesserung“ für nicht schlüssig. Der Vergleichsraum des Gutachtens sei bereits nicht zutreffend gebildet wird. Dies hatte dazu geführt, dass selbst Analyse und Konzept empfahl, die Werte in Hessisch Lichtenau und Sontra entgegen der Realität über die Werte in Witzenhausen und Eschwege zu heben.

Die Datenbasis reiche daher jedenfalls insgesamt nicht aus, um für das gesamte Gutachten eine einheitliche Vorgehensweise bei der Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen zu gewährleisten, so das Gericht.

„Die Werte des Gutachtens der Firma Analyse und Konzept aus 2014 waren bereits bei deren Veröffentlichung absurd niedrig und es gab und gibt kaum anmietbaren Wohnraum im Werra-Meißner-Kreis zu den ermittelten Mieten“ ärgert sich Rechtsanwalt Sven Adam, der die Kläger juristisch vertritt, über die weitere Verteidigung des Gutachtens durch das Jobcenter.

„Absurd ist, dass der Werra-Meißner-Kreis ausgerechnet die Firma Analyse und Konzepte aus Hamburg abermals zur Erstellung eines neuen Gutachtens für die aktuellen Leistungsbewilligungen beauftragt hatte. Auch dieses Gutachten aus 2018 leidet an den gleichen Strukurmängeln und ist ebenfalls Gegenstand diverser Gerichtsverfahren“ so Adam weiter.

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