Hartz IV: Jobcenter muss bei Umzug in zu teure Wohnung Notlage berücksichtigen

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Flieht eine Mutter mit ihren vier Kindern vor dem gewalttätigen Ehemann in eine zu teure neue Mietwohnung, darf das Jobcenter sie bei der Übernahme der Mietkaution nicht im Regen stehenlassen. Statt die darlehensweise Übernahme der Mietkaution pauschal zu verweigern, muss die Behörde vielmehr die besondere Notlage der Frau berücksichtigen, entschied das Sozialgericht München in einem am Freitag, 10. Dezember 2021, veröffentlichten Gerichtsbescheid (Az.: S 13 AS 483/21).

Im Streitfall hatte sich die 35-jährige Klägerin von ihrem alkoholabhängigen und gewalttätigen Ehemann getrennt. Das Amtsgericht hatte per einstweiliger Anordnung bestimmt, dass die Frau und die vier gemeinsamen Kinder, darunter ein pflegebedürftiges Kind mit Pflegestufe 4, in dem Haus des Ehemannes befristet mietfrei wohnen dürfen. Dem Ehemann wurde ein Kontaktverbot auferlegt.

Alleinerziehende Mutter in Notlage

Das Jobcenter zahlte der Frau und den Kindern nach ihrer Trennung Hartz-IV-Leistungen. Da der Ehemann sich an das Kontaktverbot nicht hielt und sich telefonisch bei der Frau immer wieder meldete, zog die Frau mit ihren Kindern und mit Zustimmung des Jobcenters in eine 100 Quadratmeter große Fünfzimmerwohnung um. Sie zahlte hierfür eine monatliche Warmmiete von 1.040 Euro, für die das Jobcenter auch aufkommen wollte.

Doch als die Frau auch die darlehensweise Übernahme der Mietkaution in Höhe von 2.550 Euro beantragte, lehnte die Behörde dies ab. Die Wohnung sei unangemessen teuer. Wegen der Corona-Pandemie sei die Angemessenheit der Unterkunft zwar nach einer zeitlich befristeten Übergangsregelung nicht zu prüfen. Dies bedeute aber nicht, dass das Jobcenter die Wohnungsbeschaffungskosten sowie Mietkautionen für den Einzug in eine unangemessen teure Unterkunft zahlen muss.

Erfolglos hatte die Mutter auf ihre besondere Notlage hingewiesen. Eine billigere Wohnung habe sie trotz intensiver Suche nicht gefunden. Die Mietkaution wurde schließlich vorläufig von einem kirchlichen Träger und ein

Sozialgericht München: Mietkautionszahlung kann übernommen werden

Das Sozialgericht gab ihr mit Gerichtsbescheid vom 14. Juli 2021 nun recht und sprach ihr die Mietkaution als Darlehen zu. Die neue Unterkunft sei aber tatsächlich unangemessen teuer, so das Gericht. Das Jobcenter habe hier die Angemessenheit der monatlichen Miet- und Heizkosten in Höhe von 945 Euro korrekt nach der Wohngeldtabelle plus einem Sicherheitszuschlag von zehn Prozent bestimmt. Der Gesetzgeber habe mit dem befristeten Wegfall der Angemessenheitsprüfung den Umzug in eine zu teure Wohnung auch nicht fördern wollen.

Jobcenter hätte nicht pauschal ablehnen dürfen

Das Jobcenter hätte aber die darlehensweise Übernahme der Mietkaution nicht pauschal ablehnen dürfen. Nach dem Gesetz hätte die Behörde vielmehr ihr Ermessen ausüben und die besondere Notlage infolge des gewalttätigen Ehemannes berücksichtigen müssen. Dieser habe sich zudem nicht an die Kontaktverbote gehalten. Der Umzug sei damit „erforderlich” gewesen. Schließlich werde die Kaution sowieso nur darlehensweise gewährt und müsse beim Auszug zurückgezahlt werden. fle/mwo/fle

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