Der Vermieter kündigte seiner behinderten und von Hartz IV betroffenen Mieterin, weil er in der Wohnung ein Au-pair für seine Kinder unterbringen wollte. Das Amtsgericht München gab ihm recht.
Eigenbedarf als Kündigungsgrund für Vermieter
Neben Verstößen gegen den Mietvertrag durch den Mieter können Vermieter unter Umständen einen Eigenbedarf als Kündigungsgrund geltend machen. Dies gilt nur für private Vermieter oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wie beispielsweise eine Erbengemeinschaft, sofern kein Kündigungsverzicht im Mietvertrag festgehalten wurde.
Eine ordentliche Kündigung muss das berechtigte Interesse des Eigenbedarfs nachweisen (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Der Bedarf besteht nur, wenn die Wohnung selbst oder durch nahe Verwandte, Pflegepersonal, Haushaltshilfen oder Hausmeister bezogen werden soll.
Hartz IV-Bezieherin aus ihrer Wohnung geworfen
Ein privater Vermieter, der in der Nähe seines Hauses eine Wohnung vermietet hatte, kündigte der Mieterin, weil er in der Wohnung ein Au-pair unterbringen wollte und keine Möglichkeit sah, dieses in seinem Wohnhaus unterzubringen. Die Betroffene wehrte sich und wies darauf hin, dass sie aufgrund ihrer Behinderung des Grades 60 und der Betroffenheit von Hartz IV äußerste Schwierigkeiten haben würde, eine bezahlbare neue Wohnung zu finden. Die Schwerbehinderung stellt eigentlich ein Härtefall dar.
Das Amtsgericht München gab dem Vermieter recht. Bei der Unterbringung des Au-pair handele es sich um eine berechtigte Interesse für den Eigenbedarf, da trotz der Vielzahl von Zimmern im Wohnhaus eine Unterbringung des Au-pair nicht umsetzbar sei.
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Langfristiger Betriebsbedarf rechtfertigt Kündigung
Außerdem sei die geplante Nutzung der Wohnung mit einem „Betriebsbedarf“ vergleichbar. Dies liege vor allem daran, dass die Wohnung vom Haus des Vermieters aus fußläufig zu erreichen ist und das Au-pair daher im Sinne der Anstellung ausreichend in die Gastfamilie integriert werden könne.
Außerdem sei nachvollziehbar, dass längerfristig Au-pair, die jeweils nur für ein Jahr angestellt werden können, die Betreuung der drei Kleinkinder des Vermieters übernehmen sollen und somit auch langfristiger Wohnraumbedarf bestehe, der durch die Mietwohnung gedeckt werden könne.
Eine 60-prozentige Schwerbehinderung allein sei kein hinreichender Grund für einen Härtefall. Bei der Betroffenen sei nicht nachgewiesen, dass die Räumung der Wohnung aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich wäre (Az.: 473 C 11647/20).
Bild: Jörg Lantelme / AdobeStock
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