Das Bundessozialgericht hat heute ein weitreichendes Urteil gefällt. EU-Bürger müssen für ihren Anspruch auf Bürgergeld nicht ununterbrochen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland nachweisen. Es reicht aus, dass sie sich einmal bei den Meldebehörden angemeldet und anschließend für mindestens fünf Jahre ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben, urteilte am Mittwoch, 20. September 2023, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel im Fall eines wohnsitzlosen Polen (Az.: B 4 AS 8/22 R).
Wie sind die gesetzlichen Bestimmungen?
Nach den gesetzlichen Bestimmungen bekommen EU-Bürger während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts kein Bürgergeld. Auch Ausländer, die sich im Rahmen ihres Aufenthaltsrechts allein zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten, können die Hilfeleistung nicht beanspruchen.
Anders sieht dies aus, wenn sie längere Zeit erwerbstätig oder selbstständig tätig waren oder wenn sie mindestens für fünf Jahre ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatten.
Jobcenter lehnte Antrag auf Hartz IV ab
Im Streitfall lebt der aus Polen stammende Kläger seit 2009 in Deutschland. Der zuletzt wohnsitzlose Mann hatte sich zwar nach seiner Einreise behördlich gemeldet, spätere Umzüge oder Aufenthalte bei Freunden hatte er den Behörden aber nicht immer mitgeteilt.
Als er beim Jobcenter Hagen Hartz IV, das heutige Bürgergeld, beantragte, lehnte die Behörde ab. Der Mann halte sich nur zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland auf. Die Hilfeleistung sei damit ausgeschlossen. Auf einen fünfjährigen ununterbrochenen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland könne er auch nicht verweisen, da er nicht permanent bei den Behörden gemeldet war.
BSG: Gewöhnlicher Aufenthalt muss fünf Jahre bestehen
Das BSG sprach dem Kläger jedoch die Hilfeleistung zu. Nach den Feststellungen des Sozialgerichts Dortmund habe der wohnsitzlose Kläger seit mindestens fünf Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
Die Fünfjahresfrist fange ab der ersten Meldung bei den Meldebehörden an zu laufen und werde nicht unterbrochen, wenn ein Umzug nicht gemeldet oder ein kurzer Heimatbesuch durchgeführt werde. Auch eine Haft, hier eine dreitätige Haft des Klägers wegen einer nicht bezahlten Geldstrafe, führe nicht zu einer Unterbrechung der Fünfjahresfrist.
Permanente Meldung des gewöhnlichen Aufenthalts nicht erforderlich
Da die permanente Meldung des gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht erforderlich sei und der mittellose Kläger sich mindestens fünf Jahre in Deutschland rechtmäßig aufgehalten habe, stünden ihm daher Jobcenter-Leistungen zu, urteilte das BSG.
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