Bei überlanger Verfahrensdauer besteht Anspruch auf Entschädigung. Diese liegt bei 100 Euro pro Monat der Inaktivität des Gerichtes. So entschied das Bundessozilagerich zugunsten eines Betroffenen, dessen Bearbeitung eines Antrags auf Erlass von Darlehensschulden bei der Bundesagentur für Arbeit unangemessen lange gedauert hatte. (BSG B 10 UeG 220 R)
Inhaltsverzeichnis
Klage wegen Neubescheidung
Der Betroffene hatte 2015 vor dem Sozialgericht Berlin eine Klage wegen Neubescheidung eines Antrags auf Erlass von Darlehensschulden bei der Bundesagentur für Arbeit erhoben. Es kam zu einem Schriftwechsel der Parteien, und im August 2015 wurde das Verfahren in das Entscheidungsfach gelegt.
Mehr als zwei Jahre passiert nichts
Bis Oktober 2017 geschah nichts weiteres vonseiten des Gerichts, und das obwohl der Kläger mehrere Sachstandsanfragen stellte. Im Oktober 2017 übernahm ein anderer Richter den Fall, und es kam zu einem erneuten Schriftwechsel.
Verzögerungsklage
Im Dezember 2018 erhob der Kläger eine Verzögerungsrüge. Erst im August 2019 gab es einen Termin, mit dem das Verfahren beendet werden konnte, also mehr als vier Jahre nach dem Erheben der Klage.
Kläger beansprucht Entschädigung
Der Betroffene verlangte jetzt eine Entschädigung wegen der überlangen Verfahrensdauer. Diese wurde ihm auch zuerkannt, in Höhe von 1.200 Euro. Das reichte ihm nicht, sondern er beanspruchte weitere 3.500 Euro.
Landessozialgericht gewährt weitere 1.300 Euro
Es ging vor das Landessozialgericht und dies gab der Klage des Betroffenen teilweise statt, und er erhielt weitere 1.300 Euro. Das war ihm zu wenig und er ging zur Revision vor das Bundessozialgericht.
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Bescheid prüfenNoch einmal 300 Euro
Das Bundessozialgericht entschied zu seinen Gunsten, allerdings wiederum nur zum Teil. Er hätte Anspruch auf weitere 300 Euro Entschädigung. Ein Anspruch entstehe aus Paragraf 202 Satz 2 SGG in Verbindung mit Paragraf 198 GVG.
28 Monate sind entschädigungspflichtig
Insgesamt hätte das Ausgangsverfahren 55 Monate umfasst. Inaktiv seien davon 40 Monate gewesen. Zwölf Monate ließen sich als Vorbereitungs- und Bedenkzeit des Sozialgerichts abziehen. Also seien 28 Monate entschädigungspflichtig.
100 Euro pro Monat der gerichtlichen Inaktivität
Es handle sich um eine unangemessene Verfahrensdauer, und dafür stünden Kläger pro Monat der Inaktivität 100 Euro zu, insgesamt also 2.800 Euro. Das wären mehr 300 mehr als die außergerichtlichen 1.200 plus den vom Landessozialgericht zugesprochenen 1.300 Euro.
Entschädigung gilt auch für Krankheitszeiten des Richters
Der Grund, warum das Bundessozialgericht 300 Euro Entschädigung mehr für angemessen hielt, lag an einer anderen Bewertung der Erkrankung des Richters.
Das Landessozialgericht hatte eine dreimonatige Verzögerung durch dessen Arbeitsunfähigkeit nicht in die Entschädigung einbezogen. Laut dem Bundessozialgericht musste jedoch auch diese Zeit angerechnet werden. Denn es sei Sache des Staates gewesen, eine Vertretung zu organisieren oder andere Maßnahmen zu ergreifen, um diese Lücke zu füllen.
Was folgt aus dem Urteil?
Wenn ein Verfahren übermäßig lange dauert, dann haben Sie als Kläger Anspruch auf Entschädigung. Die unangemessene Dauer bezieht sich dabei auf Inaktivität des Gerichtes. Wenn sich ein Verfahren in die Länge zieht, weil zum Beispiel Zeugen angehört werden müssen oder das Gericht Gutachten auszuwerten hat, dann ist dies nicht unangemessen.