Entschädigungsleistungen nach traumatischer DDR-Flucht

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Bundesverwaltungsgericht spricht „Rehabilitierung” zu

DDR-Flüchtlinge können Entschädigungsleistungen beanspruchen, wenn ihre Flucht zu gesundheitlichen Folgeschäden geführt hat. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am Mittwoch, 24. Juli 2019, in Leipzig entschieden (Az.: 8 C 1.19). Die Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR seien „rechtsstaatswidrig” gewesen und hätten sich im Fall einer Flucht als „Willkürakte im Einzelfall” erwiesen.

Zusammen mit seinem Bruder war der Kläger 1988 bei Teltow in das damalige West-Berlin geflohen. Die Flucht sei besonders dramatisch verlaufen und habe ihn schwer traumatisiert. Eine psychische Erkrankung wirke bis heute fort.

Vom Land Brandenburg verlangte der Mann daher eine sogenannte verwaltungsrechtliche Rehabilitierung. Laut Gesetz soll diese gesundheitliche Schäden durch Unrechtsentscheidungen der DDR-Behörden ausgleichen. Als Entschädigung werden etwa Behandlungskosten oder auch materielle Schäden ersetzt.

Das Land Brandenburg und danach auch das Verwaltungsgericht Potsdam lehnten dies jedoch ab. Das Gesetz sehe diese Rehabilitierung nur bei Verwaltungsentscheidungen der DDR vor, die sich gegen Einzelne gerichtet haben. Die Grenzsicherung der DDR habe sich aber gegen die gesamte DDR-Bevölkerung gerichtet.

Das Bundesverwaltungsgericht folgte dem nicht. Die Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR seien auf die Verhinderung eines Grenzübertritts ausgerichtet und insoweit „rechtsstaatswidrig” gewesen. Bei einer Flucht hätten sie sich „konkret und individuell gegen den Betroffenen” gerichtet und hätten sich insoweit als „Willkürakte im Einzelfall” dargestellt.

Im Streitfall habe der Kläger fortwirkende gesundheitliche Beeinträchtigungen „schlüssig dargelegt”. Daher müsse sein Antrag auf „verwaltungsrechtliche Rehabilitierung” Erfolg haben. Über die Ansprüche im Einzelnen soll nun das Versorgungsamt des Landes Brandenburg entscheiden.

Der Begründung nach ist das Leipziger Urteil wohl auch auf Entschädigungen nach dem beruflichen Rehabilitierungsgesetz übertragbar. Hier hatte der Kläger berufliche Nachteile durch seine Traumatisierung aber nicht belegen können und daher seine Klage diesbezüglich zurückgenommen.

Anträge auf verwaltungsrechtliche Rehabilitierung sind nur noch bis Ende 2019 möglich, auf berufliche Rehabilitierung noch bis Ende 2020. mwo/fle